Versuchen Sie sich vorzustellen, was ein Klimaforscher in dreißig Jahren über die heutigen Modelle sagen wird. Dasselbe, was wir heute über diejenigen des Club of Rome von vor dreißig Jahren sagen: Na ja, die Modelle waren noch so grob, damit kann man wenig anfangen.
Warum dann ein Epilog? Mein Bestreben, die Aktualität auf Abstand zu halten, ist de facto missglückt, denn das Buch ist selbst Aktualität geworden. Daran Schuld sind der Orkan Katrina, der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore und das IPCC. Der Orkan Katrina setzte am 29. August 2005 New Orleans unter Wasser. Es brachen Deiche, die gebaut worden waren für Sturmfluten mit einer Wiederholungschance von einem Mal in fünfzig Jahren. Es war gewarnt worden, dies sei nicht ausreichend, doch die Prioritäten lagen wo anders. Die Parallele zum Ausbruch des Nevado del Ruiz ist frappierend. Niederländische Ingenieure reisten mitleidig lächelnd nach New Orleans, um den Leuten dort zu erzählen, wie man es richtig macht, denn unsere Deiche schützen uns immerhin vor Sturmfluten mit einer Wiederholungszeit von zehntausend Jahren. Aber Schuld war in erster Linie das extrem warme Meerwasser, sollte sich das Klima durch menschliches Zutun noch weiter erwärmen, würden ähnliche Katastrophen immer öfter auftreten. Viele, die bis dahin besorgt gewesen waren, wurden nun radikaler. Als ich in jener Zeit an einem Forum der Universität Löwen teilnahm, kam ein junger Mann aus dem Publikum auf mich zu, packte mich am Kragen und schrie mich an: Wissen Sie eigentlich, dass Sie bald für tausende von Toten verantwortlich sind? So emotional ist die Diskussion inzwischen geworden; schwierig, dann Distanz zu bewahren. Katrina wurde eins der Hauptthemen in dem Film An inconvenient truth von Al Gore.
Al Gore spornt in seinem Film die Menschheit dazu an, sparsam mit Energie umzugehen, denn der zunehmende Ausstoß von CO2 werde noch viel mehr unvorstellbare Katastrophen wie Katrina über uns bringen. Es ist eine schöne Dokumentation. Er ist ein hervorragender Dozent, seine Witze, seine Intonationen sind gut getimed und seine Überzeugungskraft ist so groß, dass man ein triumphales Gutmensch-Gefühl in sich aufsteigen fühlt bei der Anschaffung der ersten Energiesparlampe. Ist man aber nicht seiner Meinung, dann wird man lächerlich gemacht, dann ist man unmoralisch, ein Paria, und dazu möchte man nicht gehören. Ein erstaunliches Stückchen Demagogie. Die alarmierende Botschaft überspülte die Welt wie eine Flutwelle – sie ging runter wie Butter.
Aber An inconvenient truth steckt voller convenient lies. Das geht schon los mit der Geschichte des bedauernswerten Erdkundelehrers der 8. Klasse von Al Gores damaliger Schule. Der Lehrer ist das Beispiel für den dummen Klimaskeptiker, der selbst die offensichtlichsten Tatsachen nicht glauben will. Ein aufgeweckter Schüler (nicht Al Gore) fragt ihn: Afrika und Amerika – waren die früher mal zusammen? Das würde genau passen! – Aber woher denn, Junge, wie kommst du denn darauf! antwortet der Lehrer. Homerisches Gelächter im Kino – das weiß doch jeder! Und noch mehr Gelächter, als Al Gore erzählt, dieser Lehrer sei nun Präsident Buschs Berater. Groll wegen der verpassten Präsidentschaft ist ihm nicht fremd. Der Punkt ist: Als Al Gore zur Schule ging, war die Plattentektonik gerade erst entdeckt worden und daher nur wenigen bekannt. Nach der vorherrschenden Meinung jener Zeit lagen die Kontinente fest, und der Lehrer tat also nichts anderes, als den damaligen Wissensstand zu vermitteln.
Al Gore präsentierte seinen Film 2006, im Jahr nach Katrina, aber in diesem beinahe genau so warmen Jahr gab es weniger Wirbelstürme; einigen Stimmen zufolge gehören sie eher zur Kälte als zur Hitze, und 2007 erschien ein Artikel, der besagte, nicht das warme Meerwasser, sondern das besondere Windprofil über dem Golf von Mexiko sei die Ursache der zahlreichen Wirbelstürme 2005. Das IPPC konnte in seinem neuen Bericht von 2007 keinen Zusammenhang zwischen der globalen Durchschnittstemperatur und der Sturmfrequenz aufzeigen, allenfalls einen mit der Sturmintensität.