Rainer Olzem - arge-geologie.de

Die Caldera de Taburiente

Abb. 1: Stadien der geologischen Entwicklung des Vulkankomplexes und der Caldera de Taburiente (Staudigel, 1981)
Ausbruch eines Unterwasservulkans im Pazifik in 1.500 m Tiefe (DPA)

Der runde Taburiente-Schildvulkan im Norden von La Palma wird durch 3 große sich überlagernde Vulkane aufgebaut, die vor allem an der Diskordanz ihrer Lavaflüsse voneinander unterschieden werden können. Zunächst bildete sich vor 4-2 Ma am Boden des Atlantiks ein typischer submariner Seamount, dokumentiert durch die Pillow-Laven, die überall im Barranco de las Angustias und auf dem Grund der Caldera zu finden sind (Abb. 1 und 8). Da Pillows bis in Höhen von 1.000 m ü. NN gefunden werden, ist damit eine Vertikalbewegung größeren Maßstabs belegt, die möglicherweise auf Intrusionen zurück geführt werden kann.

Über den Pillows lagern Brekzien als pyroklastische Sedimente, die durch den Kontakt der 1.000 °C heißen Lava mit dem flachem Meerwasser durch so genannte phreatomagmatische Eruptionen entstanden, als der Seamount die Wasseroberfläche erreichte. Der Komplex der Pillow-Laven und der Brekzien wird als Basalkomplex bezeichnet.

Vor 1,8-1,2 Ma entstand auf dem Basalkomplex, dem bis zur Wasseroberfläche gewachsenen submarinen Vulkan, der Garafia-Vulkan. Dessen Laven werden nur noch auf dem Boden der tiefsten Barrancos im Norden der Insel angetroffen, weil sie vollständig von jüngeren Auswürfen überdeckt wurden (Abb. 2). Die anstehenden Garafia-Serien bestehen aus etwa 400 m dicken, steil stehenden Laven, überwiegend dünne Pahoehoe-Laven mit zahlreichen eingelagerten Basalt-Lapilli und die Laven durchschlagenden basaltischen Gängen.

Der Garafia-Vulkan hatte einen Durchmesser von etwa 23 km an der Basis und eine Höhe von etwa 2.500 m. Vor 1,2 Ma kollabierte der Vulkankegel in südwestliche Richtung, wobei das Bergsturzmaterial heute noch auf der submarinen Inselflanke und auf dem Meeresboden zu erkennen ist.

Nach dem Kollaps des Garafia-Vulkans ging die vulkanische Aktivität unvermindert weiter und ließ vor 1,08-0,78 Ma an derselben Stelle einen neuen Vulkan, den Taburiente-Vulkan, entstehen, der seine Vorgänger vollständig mit seinen Laven und Aschen überdeckte (Abb. 2). Anhand der geförderten vulkanischen Produkte kann ein älterer und ein jüngerer Taburiente-Vulkan unterschieden werden, wobei sich der jüngere vor 0,78-0,41 Ma bildete.

Abb. 2: Der Taburiente-Vulkan: Alter nach K/Ar-Datierung, vulkanische Produkte und vermutete Ausdehnung (Carracedo et al., 2001)
Abb. 3: Der Kegel des Bejenado-Vulkans
Abb. 4: Blick vom Observatorium nach Süden in die Caldera de Taburiente

In Folge der Südwanderung der vulkanischen Aktivität formte sich ein nach Süden länglicher Vulkankegel aus. Als der Vulkanismus vor 500.000 Jahren endete, hatte sich ein massiver Vulkan von 25 km Durchmesser und etwa 3.000 m Höhe aufgebaut. Die Westflanke des Vulkankomplexes stürzte später ein und bildete die Caldera de Taburiente mit ihren steilen Talflanken im Nordwesten und Norden sowie im Osten als Cumbre Nueva. In der Mitte der Caldera bildete sich anschließend der Bejenado-Vulkan (Abb. 3 und 5).

Abb. 5: Schematische Darstellung der Entwicklung von Cumbre Nueva, Bejenado, Caldera de Taburiente und Valle de Aridane (Carracedo et al., 2006)
Abb. 6: Radiale Anordnung der Barrancos: Las Angustias (57 km²) und Tenisca (Aridanetal, 43 km²) sind aufgrund ihrer Entstehung durch Gravitationskollaps signifikant größer (Plan Hidrologico Insular de La Palma)

Die Caldera ist nicht ausschließlich ein Erosionsprodukt. Eine solch riesige Caldera kann sich erstens nicht in einem Gebiet mit der niedrigsten Niederschlagsrate der Insel – Niederschlag ist eine der wichtigsten Erosionskomponenten - und zweitens nicht in einem solch kurzen geologischen Zeitraum von weniger als 500.000 Jahren gebildet haben. Die Caldera und der Barranco de las Angustias sind viel tiefer – sie erreichen als einzige die Ebene der Seamounts - und viel größer als alle Barrancos an der niederschlagsreichen Nordost- und Ostküste, die auch zudem sämtlich älter als 700.000 Jahre sind (Abb. 6).

Caldera und Barranco sind vermutlich ursächlich durch tektonische Prozesse entstanden, sei es durch aktive Störungszonen, durch tektonisch wirksame magmatische Intrusionen oder durch den Einsturz der Magmakammer, die den Kollaps der Westflanke des Vulkans bewirkt haben. In der Folgezeit wurde die ursprüngliche Caldera durch Erosion stetig erweitert und vertieft und erhielt schließlich ihre heutige Form.

Ihr Durchmesser beträgt etwa 9 km und ihr Umfang 28 km. Der höchste Punkt ist der Roque de los Muchachos mit 2.426 m ü. NN und der tiefste das Innere der Caldera mit 430 m ü. NN.

Abb. 7: NE-SW-Querschnitt durch La Palma von Barlovento bis Puerto de Tazacorte und durch die Caldera de Taburiente und den Bejenado-Vulkan (Carracedo et al., 2001)
Abb. 8: Submarin entstandene Pillow- oder Kissenlava
Abb. 9: Magmatische Gänge im Gestein

Geht man durch den Barranco de las Angustias in Richtung Caldera, so durchquert man nacheinander die subaerischen Sedimente, die Brekzien und die Pillow-Laven mit Spuren ozeanischer Sedimente und Korallenresten (Abb. 1 und 8). Auffallend sind die überall das Gestein durchschlagenden magmatischen Gänge, die überwiegend in den submarinen Serien und im Zentrum der Caldera auftreten (Abb. 9).

Abb. 10: Gangschwärme in der Calderawand
Abb. 11: Zunehmender Grad der Metamorphose im Barranco (Staudigel & Schmincke, 1981)

Bei den oft in regelrechten Gangschwärmen auftretenden Intrusionen überwiegen Basalte, daneben kommen auch Essexite und saure Gesteine mit heller Färbung vor, wobei 3 unterschiedliche Gangtypen nach Alter und Richtung unterschieden werden können (Abb. 10 und 12).

Interessant ist der zum Zentrum der Caldera hin fortschreitende Grad der Metamorphose der Gesteine mit angenommenen 200-300 °C/km (Abb. 11).

Abb. 12: Die Wand der Caldera unterhalb des Roque de los Muchachos
Abb. 13: Typische Grünverwitterung. Aus den Bohrlöchern wurden Gesteinsproben entnommen

Im Eingangsbereich des Barranco de las Angustias ist eine Niedrigtemperatur-Metamorphose (Epizone, 100-300°C) zu beobachten und im oberen Bereich schließlich ist an der typischen Grünverwitterung eine Mitteltemperatur-Metamorphose (Mesozone, 300-700°C) zu erkennen (Abb. 13).

Die Grünfärbung entsteht durch die hydrothermale Umwandlung der ursprünglichen hochtemperiert gebildeten Minerale wie Plagioklas, Magnetit und Pyroxen zu grünem Chlorit und Epidot.

Exkursionshinweise

Abb. 14: Auf gut ausgebauten Wegen in die Caldera ...
Abb. 15: ... vorbei an steilen Erosionshängen.
Abb. 16: Die Playa de Taburiente ...
Abb. 17: ... mit dem markanten Roque del Huso ...

Ausgangspunkt einer geologischen Exkursion durch die Caldera und den Barranco de las Angustias ist meist der Mirador de los Brecitos auf etwa 1.000 m ü. NN, den man über eine kleine asphaltierte kurvenreiche Straße erreichen kann. Auf einem gut begehbaren Waldweg durch lichte Kiefernwälder mit herrlichen Ausblicken rechts und links des Wegs geht es bergab ins Zentrum der Caldera (Abb. 14 - 17).

Abb. 18: ... stellt sich als ausgedehnte Flusslandschaft dar.

Vom Unterlauf des Barrancos an reichen die Gesteine des Basalkomplexes bis in Höhen von etwa 1.400 m ü. NN. Die darüber diskordant liegenden subaerischen Vulkanite bilden annähernd senkrechte Felswände von fast 1.000 m Höhe, darin wird ein dichtes Netzwerk von Gängen besonders deutlich (Abb. 10 und 12). Grundwasser tritt überwiegend im Bereich dieser Diskordanz zwischen Basalkomplex und jüngeren Serien als Quellhorizont aus.

Im Zentrum der Caldera trifft man auf die Playa de Taburiente, ein weites Flussbett mit großen gerundeten Geröllen (Abb. 16, 18), die überwiegend aus Basalten mit eingesprenkelten grünen Olivinen und schwarzen Pyroxenen bestehen.

Abb. 21: Die Cascada de Colores
Abb. 22: Zufluss eines klaren Bergbaches
Abb. 19: Blick in den Barranco de las Angustias
Abb. 20: Der Roque Idafe

Auf dem Rückweg durch den Barranco de las Angustias (Abb. 19) sieht man hoch oben auf einem schwer zugänglichen Felsplateau die Basaltspitze des Roque Idafe (Abb. 20), der für die Ureinwohner der Insel die Stütze zwischen Himmel und Erde darstellte. Weiter unterhalb liegt versteckt links des Wegs die Cascada de Colores, ein Wasserfall mit leuchtend rostrot mineralisiertem Wasser (Abb. 21), das sich kurz hinter dem Wasserfall mit dem klarem Wasser eines Bergbachs mischt (Abb. 22).

Der weitere Weg aus dem Barranco verläuft auf steilen Pfaden rechts und links des Flusses Rio Taburiente (Abb. 29 - 38) und streckenweise direkt durch das Flussbett. Sehr oft muss das Gewässer auf wackeligen Geröllen überquert werden. Es ist eine wildromatische Landschaft, die immer wieder tiefe Einblicke nicht nur in die Geologie, sondern auch in die Schönheit der Insel liefert.

Abb. 23: Blick vom Mirador de los Andenes in die Caldera, ...
Abb. 24: ... die sich oft hinter tief liegenden Wolken versteckt
Abb. 25: Blick vom Roque de los Muchachos in die wolkenverhangene Caldera
Abb. 26: Blick vom Mirador de la Cumbrecita in die Caldera
Abb. 27: Einfahrtsbereich in den Barranco de las Angustias (http://satgeo.zum.de)
Abb. 28: Blick auf den unteren Teil des Barrancos bei Puerto de Tazacorte

Der Rio Taburiente

Abb. 29: Gespeist aus vielen kleineren und größeren Quellen bildet sich ...
Abb. 30: ... in der Playa de Taburiente (rechts der Roque Salvaje) ein Fluss ...
Abb. 31: ... zwängt sich im Barranco de las Angustias durch Schluchten ...
Abb. 32: ... und über Wasserfälle.
Abb. 33: Der Rio Taburiente im mittleren Teil des Barrancos ...
Abb. 34: ... führt nur im Frühjahr so viel Wasser (Abb. 33, 34: www.lapalmagalerie.de).
Abb. 35: Der Rio Taburiente schneidet unterhalb der Kapelle ...
Abb. 36: ... Nuestra Senora de las Angustias tief in seine eigenen Sedimente ein.
Abb. 37: Der Unterlauf des Rio Taburiente kurz vor seiner ...
Abb. 38: ... Einmündung ins Meer bei Puerto Tazacorte.

Nach oben