Der Großraum, in dem der Ätna liegt, ist geprägt durch eine äußerst komplizierte, sich in den letzten 60 Millionen Jahren fortwährend verändernde Tektonik. Die Geologie ist weit davon entfernt, diese komplexen tektonischen Verhältnisse zu verstehen. Und so passt der Ätna überhaupt nicht in das Schema der drei Vulkantypen. Der Vulkan liegt im Dreieck zwischen der eurasischen, der afrikanischen und der adriatischen Platte. Sizilien besteht aus Teilen dieser drei Platten, die hier übereinander geschoben und verschweißt wurden. Außerdem schneiden sich im Bereich des Ätna mehrere große regionale Verwerfungslinien.
Seinen Produkten und der Art der Tätigkeit nach zu urteilen, scheint der Ätna noch am ehesten mit den Hot-Spot-Vulkanen verwandt zu sein. In jüngster Zeit wird daher vermutet, dass er aus einem aktiven Plume entstanden ist. Allerdings muss man sagen, dass sich mit keinem der verschiedenen Modelle bislang alle Besonderheiten des eigenwilligen Feuerspuckers befriedigend erklären lassen.
Beispielsweise gehört der Ätna zu den ganz wenigen Vulkanen, die eine so genannte Dauertätigkeit aufweisen, also keine oder nur sehr kurze Ruhepausen zwischen aktiven Phasen einlegen. Dies setzt voraus, dass ständig Magma aus dem Erdmantel nachströmt und dass ein permanent offener Aufstiegsweg für die Schmelze existiert. Die Verbindung der Krater mit den Magmareservoiren, die etwa 2 sowie 20 bis 30 km unter dem Gipfel vermutet werden, scheint in der Tat ein extrem langlebiges Gebilde zu sein. [1]
Eine Forschergruppe aus französischen und italienischen Geologen begann 1996 mit einer umfassenden Untersuchung der Laven des Ätna und der umliegenden Vulkane. Untersucht wurden Schmelzeinschlüsse im Vulkangestein, die die ursprüngliche Zusammensetzung des Magmas bewahren. Der erstaunliche Befund: Die Magmen, die älter als etwa 100.000 Jahre sind, sind denen der nicht mehr aktiven Hot-Spot-Vulkane der Monti Iblei südlich des Ätna sehr ähnlich. Dagegen gleichen die jüngeren Laven denen der Liparischen Inseln, die ihre Ursache haben im Abtauchen der afrikanischen Platte unter die eurasische.
Die Geologen glauben nun, dass diese Subduktionszone allmählich nach Süden wandert und der Ätna zunehmend in ihren Einflussbereich gelangt. So wäre der Ätna der bisher einzig bekannte Vulkan, bei dem ein Übergang von einem Vulkantyp zum anderen beobachtet wird.
Wenn der vor etwa 100.000 Jahren gestartete Prozess weitergeht, dürfte der Ätna allerdings mit der Zeit deutlich gewaltsamer ausbrechen und damit seinen relativ gutmütigen Charakter verlieren. Doch wird dies mit Sicherheit nicht von heute auf morgen geschehen. [..] Einige 10.000 Jahre könnte es also schon noch dauern, bis eindeutig feststeht, ob die Forscher mit ihrer pessimistischen Prognose Recht behalten und der Ätna sich tatsächlich in eine Art zweiten Vesuv verwandelt. Bis dahin bleibt den Sizilianern reichlich Zeit, sich auf die veränderte Situation einzustellen. [1]