Rainer Olzem - arge-geologie.de

Die aktive Kraterterrasse des Stromboli [1]

Lavafluss am Fuß der Sciara am 3. Januar 2003 [2]

Der aktive Eruptions-Apparat, die Fossa des Stromboli, befindet sich auf der in 760 bis 790 m über dem Meer gelegenen Krater-Terrasse. Die nach Nordwesten, gegen die See hin offene ovale Plattform mit einem Durchmesser von etwa 22 x 300 m ist nach allen übrigen Seiten von steilen Kraterwänden umgeben, deren höchster Punkt, der Pizzo, 918 m erreicht. Zum Meer hin ist die Fossa mit ihren Bocchen durch einen etwa 20 m hohen bogenförmigen Wall abgegrenzt, von diesem bricht die Krater-Terrasse in der durchschnittlich 36° steilen, von pyroklastischem Material und Lavaströmen aufgebauten Sciara del Fuoco ab. Der Name bedeutet »Straße des Feuers« (arabisch: shari'a = Straße). Oben ist die Sciara 300 m, unten am Meer 1.300 m breit.

Die Krater-Terrasse wird von einem aus erstarrter Lava gebildeten und mit ausgeworfenen Schlacken aufgebauten Gesteinspfropfen aufgebaut, der den Schlot des Neo-Stromboli verstopft. Zwischen der Schlotwandung und diesem deckelartigen Verschluss hat sich das Magma an mehreren mit der Zeit wechselnden Stellen den Weg nach oben gebahnt und Austrittsöffnungen, Bocchen, gebildet. Sie wirken wie Überdruckventile, die dem Deckel aufgesetzt sind. Nicht nur die Lage, sondern auch die Form und die Anzahl der Bocchen ändern sich immer wieder. Meist handelt es sich um kleinere Schlackenkegel, denen zeitweise 1-3 Trichter-Bocchen, mit oder ohne Aufschüttungswällen, beigesellt sind. Dann wieder zählt man 10-15 ganz verschieden geformte Förderzentren. Ihre Nordwest-Südost gerichtete Anordnung ist durch eine Eruptionsspalte vorgezeichnet. Jede Boccha zeigt eine ihr eigene Tätigkeitsart, die jedoch Änderungen unterliegt. Sie ist abhängig von der Heftigkeit der Entgasung, der Höhe der Magma-Säule im Schlot und von dessen Form und Durchmesser. Lava- und Schlackenwürfe, kombiniert mit dem Auswurf von losem, detritischem vulkanischem Material, ist die häufigste Tätigkeitsform. Sie kennzeichnet die typische strombolische Tätigkeit. Bei hohem Magma-Spiegel und engem Schlot kommt es zu spektakulären strahlartigen Auswürfen von Lavafontänen.

Einige Bocchen fördern lediglich Gase, teils in konstanter Abgabe, teils mit strahligem Gebläse in längeren Zeitabständen. Auch Knallgas-Explosionen werden beobachtet, ebenso, allerdings sehr selten vorkommend, Lavasee-Tätigkeit (brodelnder Schmelzfluss mit kleinen Lavafontänen, RITTMANN 1933). Schwankungen in der Intensität der Schlacken- und Lavawürfe sind durch die wechselnde Höhe der Magma-Säule im Schlot und die stärke der Entgasung bedingt. Diese Dauertätigkeit wird durch die so genannte »Zwei-Phasen-Konvektion« in Gang gehalten: In einem bestimmten Niveau des Schlotes überwindet der Dampfdruck der molekular-dispers gelösten Gase den hydrostatischen Druck der auflastenden Flüssigkeitssäule, so dass sich Gasblasen bilden, die nach oben steigen. Die sich beim Aufstieg vergrößernden Gasblasen zerplatzen nahe der Oberfläche und reißen Magma-Fetzen mit sich, die als Schlacken ausgeworfen werden. Die entgaste und dadurch spezifisch schwerer gewordene Schmelze sinkt im Schlot wieder nach unten, wodurch ein Kreislauf des Aufsteigens und Absinkens bewirkt wird.

Trotz des starken Wechsels der Intensität und des Rhythmus der Tätigkeit bleibt der Ablauf einer Eruption mehr oder weniger gleich: Zuerst setzt ein immer stärker werdendes Zischen ein, Asche wird hoch gewirbelt, der sich bald gröberes detritisches Material beimengt. Das Zischen verstärkt sich zu einem mächtigen Brausen, das rasch in Donnern übergeht. Der ausbrechende Gasstrom wird stärker und wirbelt die immer dichter werdende Aschenwolke pinienförmig empor. In das Donnern mischt sich das Prasseln der meist in die Boccha zurück fallenden Gesteine. Erst nachdem der Ausbruch eine gewisse Stärke erreicht hat, werden rot glühende Schlacken und Lavafetzen ausgeworfen, die mit klirrenden und platschenden Geräuschen zu Boden fallen. Hierauf klingt der Ausbruch rasch ab, nur die graubraune Aschenwolke wird höher gewirbelt und vom Wind abgetrieben. Die Wurfhöhe der Projektile beträgt 200-300 m, die Aschenwolke erreicht etwa die doppelte Höhe. Die Dauer der Ausbrüche liegt durchschnittlich zwischen 3 und 15 Sekunden, sie erfolgen abwechselnd und in unregelmäßigen Intervallen aus verschiedenen Bocchen.

Gleichzeitige Eruption des Zentral- und NE- Kraters am 29. April 2005 [2]

Referenzen:

[1] H. Pichler. Italienische Vulkangebiete Teil III. Sammlung geologischer Führer, 1981, S. 200-202

[2] Mit freundlicher Genehmigung von T. Pfeiffer - http://www.decadevolcano.net

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