Rainer Olzem - arge-geologie.de

Sizilien und seine wechselhafte Geschichte: So war der Tourismus damals eben ...

von Kai

Der Concordia-Tempel in Agrigento

Wir beginnen den 27. August, einen wie während der ganzen Exkursion sonnigen und heißen Tag, mit einem Frühstück um kurz nach Acht im Hotel Rojas auf Vulcano. Das Frühstück ist schlecht, man beehrt uns mit einem spülmittelähnlichen Orangensaft, den wir zur Bewässerung von Pflanzen nutzen.

Um Viertel vor Neun haben wir unsere sieben Sachen gepackt und besichtigen das Tote Feld. Hierbei handelt es sich um ein 37.000 m² großes Areal, in dem Fumarolentätigkeiten zu Land, am Strand und im Flachwasser bis zu einer Tiefe von 18 Metern zu beobachten sind. Die Fumarolenzone im Wasser verläuft parallel zur Küste und hat eine Ausdehnung von 500 m Länge und 100 m Breite. Seinen Namen verdankt das Tote Feld der Ausdehnung der Aktivität in den Jahren 1913 bis 1916. Jegliche hier vorhandene Pflanzen mussten der Hitze und den giftigen Gasen des Toten Feldes weichen.

Es gibt drei größere Fumarolengebiete, allerdings auch mehrere kleine Fumarolen, deren Dämpfe man bei trockenem und heißem Wetter nicht bemerkt. Man kann jedoch durch Anzünden von z. B. einer Zigarette die Ionisation der Luft erhöhen und somit eine Verstärkung der Kondensation der Gase hervorrufen, wie uns das Jan auch mehrere Male eindrucksvoll bewies. Man bezeichnet dies als Solfatara-Phänomen.

Der Gasanteil wird quantitativ durch Wasserdampf dominiert. Betrachtet man jedoch nur die trockenen Gase, so liegen CO2 und Schwefelwasserstoff (H2S) mengenmäßig vorn. Man schätzt den Gasausstoß auf circa 5.000 m³ pro Stunde.
Aufgrund einer durchschnittlichen Temperatur von circa 100°C werden die Fumarolen als kühl bezeichnet. Durch die Fumarolen entstehen Mineralien wie z. B. Gips, Schwefel, Salmiak oder Sassolin.

Im so genannten oxidischen Millieu reagiert Schwefelwasserstoff mit Sauerstoff zu elementarem Schwefel. Dieser Oxidationsprozess passiert jedoch nur bis zum Grundwasserspiegel oder an Stellen, an denen das Wasser sehr sauerstoffhaltig ist. Hier entsteht aus Schwefel-Milch entweder graugelber Schlamm oder jene wird körnig kristallisiert bzw. rekristallisiert. An der Oberfläche entsteht SO2, das mit Wasser zu schwefliger Säure reagiert. Die nun folgende Oxidation ergibt Schwefelsäure.

Der Schlamm von Vulcano ...
... und das Schlammbad

Die Schwefelsäure zersetzt die Sedimente bis in große Tiefen und löst Eisen heraus, welches anschließend ins Grundwasser gelangt. Hier reagiert das Eisen mit H2S und bildet Eisensulfide. Somit kann die Aussage getroffen werden, dass der Eisenanteil (6,5 % im Sand) vulkanischen Ursprungs ist.

Das große Porenvolumen des Sandes (ursprünglich 35 %) begünstigt die Abscheidung der Eisensulfide. Es bildet sich Eisenkies in drei Ausbildungsformen. Zwei davon sind Pyrite, die sich durch ihre Struktur und ihre Größe unterscheiden. Die dritte Ausbildungsform ist Markasit. Diese Ausbildungstypen sind vom pH-Wert und von der Temperatur des Wassers abhängig.

Auf der Höhe des Grundwasserspiegels befindet sich eine verfestigte Sulfidschicht. Durch Schwankungen der Grundwasserhöhe, entsteht durch Oxidation eine dünne Brauneisenzone, auch eiserner Hut genannt.

Somit besteht das Normalprofil des Toten Feldes um Fumarolen herum aus 3 Zonen. Erstens aus einer Sulfat-Zone, die eine Dicke von ½ Meter aufweist und im oberen Teil aus einer harten Kruste aus Gips, Alaun etc. besteht. Zweitens aus einer 1,3 m mächtigen Schwefelzone, bestehend aus kristallinem Schwefel und drittens aus einer Erzzone, die entweder aus einer ca. 10 cm dicken Limonitschicht oder einer erneuten Sulfidschicht aus den oben angesprochenen Pyriten bzw. Markasiten besteht.

Im Flachwasserbereich, wo die Gase direkt in das Meerwasser ausströmen, wird der Schwefelwasserstoff auf Grund des mangelnden Sauerstoffs weder zu freiem Schwefel noch zu Sulfaten umgewandelt.

Nutzbare Produkte der Fumarolentätigkeiten sind Schwefel, Borsäure und Alaun, das aus Alunit gewonnen wird. Letzteres wurde zum Gerben von Häuten und als Beize in der Zeugfärberei verwendet.

Jegliche Versuche, die Dampfquellen zur Energieerzeugung zu nutzen, schlugen auf Grund von Bohrlocheruptionen fehl.

Innerhalb des Toten Feldes existiert auch ein Grundwasserschlammpool, der durch die heißen Gase Temperaturen von 35 bis 52°C aufweist. Man erhofft sich durch das Baden im Schlamm Heilungen von Hautkrankheiten, Rheumatismus und Arthritis. Auch Timm, ansonsten völlig gesund, nahm am Tag unseres Eintreffens ein erholsames Schlammbad.

Das malerische Cefalù (Wikipedia)

Um Viertel vor Elf verlassen wir Vulcano mit einem Tragflächenboot in Richtung Milazzo. Auf Sizilien angekommen, schleppen wir zuerst unsere durch Mitbringsel erschwerten Reisetaschen in das erste Cafe, um uns mit einem kleinen Snack zu stärken. Zwischenzeitlich hat Rainer bereits den gemieteten Wagen abgeholt. Zu unserem Erstaunen ist der von uns gebuchte Wagen, ein Renault Megane, nicht da und wir geben uns dann doch mit dem Ersatzwagen, einem DaimlerChrysler C 220 CDI mit Vollausstattung, zufrieden.

Wir machen uns auf nach Westen in Richtung Cefalù. Nach zwanzig minütiger Fahrt legen wir um 12.50 Uhr eine kleine Rast an der Autostrada entlang der Nordküste Siziliens ein. Rainer erklärt auf einer überdimensionalen Sizilienkarte, die kaum auf die Motorhaube des Wagens passt, unsere geplanten Reiseziele.

Wegen einer 50 km langen Vollsperrung der Autostrada müssen wir auf die Landstrasse ausweichen und erreichen wegen des schleppenden Verkehrs unser erstes sizilianisches Ziel Cefalù erst gegen 15.15 Uhr. Auf der extrem touristisch geprägten Strandpromenade finden wir schließlich eine nette Pizzeria, um Mittag zu essen. Hier halte ich mein Referat über die Geschichte Siziliens.

Im Laufe des Referates wurde uns allen zunehmend bewusst, dass die wechselhafte und äußerst gewalttätige Geschichte der Insel in der Regel in die Tateinheiten Zerstören, Vergewaltigen, Töten und Anzünden gipfelte. Plötzlich fiel von Jan die trockene Feststellung: Tja, so war der Tourismus damals eben.

Wir verlassen Cefalù um 16 Uhr. Umgeben von weitem Land und Getreidefeldern, die uns erklären, warum die Römer Sizilien als Kornkammer nutzten, erreichen wir über die Autostrada nach Caltanissetta und die SS 640 über Canicatti unser neues Quartier in der Nähe von Agrigento um 18.10 Uhr.

Es handelt sich, wie auf einer geologischen Exkursion üblich, um das Grand Hotel Mosè im Ort Villagio Mosè, etwa acht Kilometer südöstlich Agrigento. Die prunkvolle Eingangshalle des Grand Hotels steht in absolut positiver Korrelation zu uns - vier Rucksacktouristen.

Gegen 19 Uhr verlassen wir das Grand Hotel, um die Stadt Agrigento zu besichtigen. Ich versuche, den breiten Daimler durch die engen Gassen Agrigentos zu steuern, lasse dann aber doch lieber in einer sehr engen Kurve die Vernunft walten und übergebe dem Exkursionsleiter lieber wieder das Steuer.

Nach einem leckeren Abendessen in einem kleinen, gemütlichen Restaurant machen wir noch einen Rundgang durch die Innenstadt, bevor wir um 22.15 Uhr die Rückfahrt nach Villagio Mosè antreten.

Um zwanzig vor Elf, wieder im Hotel angekommen, lassen wir den Abend noch mit ein paar Bier in der Lobby ausklingen. Wir nehmen uns für den Samstag einen Tempeltag vor.

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