Rainer Olzem - arge-geologie.de

Die San Juan-Eruption 1949

Abb. 1: Der Krater des Duraznero
Abb. 2: Lavasee am Fuße des Duraznero

Als San Juan-Eruption wird eine zeitlich versetzte vulkanische Aktivität an 3 unterschiedlichen Ausbruchstellen auf der Cumbre Vieja mit unterschiedlicher vulkanischer Charakteristik bezeichnet, die sich vom 24. Juni 1949 bis zum 30. Juli 1949 über 37 Tage hinzog (Abb. 16).

Es war der erste Vulkanausbruch auf La Palma seit der Eruption des El Charco-Vulkans (oder Montana Lajiones) im Jahre 1712. Inzwischen waren 237 Jahre vergangen und die Menschen auf der Insel hatten fast vergessen, dass sie auf einem Vulkan lebten.

Das Phänomen mehrerer Ausbruchstellen auf einer Linie, d. h. an einer Eruptionsspalte auf der Riftachse (multiple eruptiv vents) und die unterschiedliche Charakteristik der Eruptionen sind typisch für den Cumbre Vieja-Vulkanismus (siehe auch: Die Cumbre Vieja).

Zu Beginn der Eruption taten sich tiefe Erdspalten auf (historisches Foto)

Bereits 13 Jahre zuvor, am 23. Juli 1936, begann eine Serie von Erdbeben am Südrand der Caldera de Taburiente und im Valle de Aridane. Während der folgenden 12 Jahre wurden immer wieder Beben registriert und ab dem 22. Februar 1949 schließlich bebte die Erde fast täglich. Am 7. März ereignete sich im Süden der Insel ein so heftiges Erdbeben, dass Mauern einstürzten und sich mehrere Ost-West verlaufende Erdspalten ausbildeten (SCHMINCKE und SUMITA, 2004).

Nach CARRACEDO (2011) könnte die Erdbebenserie 1936 auch auf eine submarine Eruption südlich der Insel hinweisen.

Am 24. Juni 1949, am Festtag des San Juan, öffnete sich unter heftigen Beben zuerst auf der Cumbre Vieja in etwa 1.800 m ü. NN die Erde und förderte aus dem neu entstandenen Krater Duraznero erst Pyroklastika und später auch Lava (Abb. 1). Die Duraznero-Eruption endete zunächst am 06. Juli mit einer heftigen phreatomagmatischen Explosion. Ende Juni / Anfang Juli des Jahres wurde die vulkanische Aktivität von heftigen Erdbeben begleitet. Am 30. Juli öffneten sich die Eruptionsspalten des Duraznero erneut. Am Fuß des Kraters bildete sich ein Lavasee (Abb. 2), der schließlich überlief und einen schmalen Lavastrom nach Osten die Hänge hinab schickte, der erst kurz vor Erreichen des Meeres stoppte (siehe auch Abb. 2 und 6 aus dem Kapitel Die Cumbre Vieja). Die Aktivität des Duraznero erlosch schließlich am 04. August 1949.

Satellitenbild der Cumbre Vieja mit den 3 Ausbruchstellen der San Juan-Eruption (Google Earth, verändert)
Abb. 3: Der Llano del Banco-Lavastrom nördlich San Nicolas
Abb. 4: Die Lavaplattform im Meer mit La Bombilla und Leuchtturm

Am 08. Juli öffnete sich an der Westflanke der Cumbre Vieja in etwa 1.300 m ü. NN bei Llano del Banco eine Spalte, aus der große Mengen Lava austraten und in Richtung Westen zum Meer strömten. Die Lavaförderung endete am 26. Juli und hatte in der Zwischenzeit eine nach Westen stetig sich verbreiternde Lavazunge gebildet, die ein großes Areal unter sich begrub (Abb. 3). Dort wo die Lava den Atlantik erreichte, bildete sich eine große Lavaplattform im Meer von 6 x 3,5 km Fläche, auf der heute neben den allgegenwärtigen Bananenplantagen die Siedlung und der Leuchtturm von La Bombilla stehen (Abb. 4).

Der Leuchtturm von La Bombilla auf der Lavaplattform (Punta de la Lava) von 1949
Abb. 5: Ausbruchstelle des Spaltenvulkans Llano del Banco
Abb. 6: Der kleine Lavasee
Abb. 7: Im oberen Bereich des Lavazugs
Abb. 8: Der Lava bildet eine tiefe Rinne
Abb. 9: Der untere flachere Teil des Lavazugs
Abb. 10: Die Straße Todoque-Puerto Naos quert den Lavastrom
Abb. 11: Pahoehoe-Lava, hier als so genannte Stricklava
Abb. 12: Ein kleinerer Lavatunnel
Abb. 13: Einer der zahlreichen kleinen Lavatunnel

Llano del Banco ist ein typischer Spaltenvulkan (Abb. 5). Wenige 100 m unterhalb der Austrittsstelle bildete sich ein kleiner Lavasee (Abb. 6), anschließend floss die Lava den steilen Hang mit hoher Geschwindigkeit in einem tiefen Graben hinab und verbreiterte sich erst kurz vor der Ortschaft San Nicolas, um danach auf dem flacheren Gelände als breiter Strom nördlich von Puerto Naos ins Meer zu fließen (Abb. 7-10 und 4). Zwischen Las Manchas und La Bombilla ist die Lava zum großen Teil als Pahoehoe-Lava ausgebildet (Abb. 11) und hat dort viele kleine und große Lavatunnel geschaffen (Abb. 12 und 13).

Abb. 14: Der Explosionskrater des Hoyo Negro
Abb. 15: Hoyo Negro: Nur die oberen dunklen Aschen entstammen der San-Juan-Eruption

Nachdem in der Zeit vom 11. bis 13. Juli 1949 zwei heftige Erdbeben registriert wurden, bildete sich am 12. Juli 700 m nördlich des Duraznero-Vulkans der Explosionskrater des Hoyo Negro (Abb. 14). Die vulkanische Aktivität begann mit heftigen phreatomagmatischen Explosionen, die einen riesigen Schlot in den alten Vulkankegel sprengten. Bis zum 30. Juli emittierte dieser Schlot überwiegend Gase und nur wenige, besonders dunkle Aschen und Lapilli, die dem Krater den Namen „Schwarzes Loch“ gaben (Abb. 15). Laven wurden nicht gefördert. Zwischen dem 21. und 24. Juli gab es erneut 2 heftige Erdstöße.

Abb. 16a: Die Entwicklung der San Juan-Eruptionen, rekonstruiert nach Augenzeugenberichten (aus: Carracedo: Los Volcanes de las Canarias, 2008) ...
Abb. 16b: ... und nach Klügel et al. (1999) aus Schmincke: Geological Evolution of the Canary Islands, 2004

Die Abbildungen 16 zeigen den nach Augenzeugen rekonstruierten Ablauf der Eruptionsserien des San Juan-Ausbruchs. Hier wird deutlich, dass sich der San Juan-Ausbruch entlang einer eruptiven Spalte an 3 räumlich und zeitlich getrennten Zentren mit unterschiedlicher vulkanischer Charakteristik abgespielt hat (siehe auch Abb. 20 und 21).

Sehr interessant sind die Tagebücher der San Juan-Eruption im Juni und Juli 1949, erzählt von Carlo.

Abb. 17: Historische Fotos: Spaltensystem (Foto: Bonelli Rubio)
Abb. 18: Lavafront der Llano del Banco-Eruption (Foto: Bonelli Rubio)
Abb. 19: Heftige Explosion des Hoyo Negro (Foto: Carracedo)
Abb. 20: Erdbebenstärken während der San Juan-Eruption (Bonelli Rubio, 1950)
Abb. 21: Das 3 km lange Spaltensystem auf der Cumbre (aus: Carracedo, 2008)
Abb. 22: Ausbruchstellen und Lavaflüsse der San Juan-Eruption (GRAFCAN)

Aufgrund der Position der Kanarischen Inseln auf einer relativ stabilen ozeanischen Platte, weit weg von seismisch aktiven Rift- und Subduktionszonen, ist die Seismizität auf den Inseln gering. Kleinere Erdbeben mit Magnituden auf der Richterskala kleiner 3 sind jedoch relativ häufig, insbesondere im Bereich der untermeerischen Inselflanken. Die Beben werden grundsätzlich durch Intrusionen und vulkanische Aktivität verursacht.

Auch während der San Juan-Eruption gab es täglich kleinere Beben. Am 1. Juli 1949 bebte die Erde gegen 18:00 Uhr jedoch so stark, dass man es auf der ganzen Insel spürte und in El Paso ein älteres Haus stark beschädigt wurde. Dieses Erdbeben mit dem Hypozentrum in einer Tiefe von 1,5 km erreichte eine Magnitude von VIII auf der Mercalli-Skala (Abb. 20). Die Lage des Hypozentrums lässt auf eine relativ oberflächennahe Magmakammer schließen.

Gleichzeitig riss auf der Cumbre Vieja ein 3 km langes Spaltensystem auf, das vom Duraznero über den Hoyo Negro bis zum Llano del Banco (oder Hoyo del Banco) reichte (Abb. 21). Ob es sich dabei um tiefreichende Störungen handelt, die sich bis zur Erdoberfläche durchpausen, oder ob es oberflächennahe magmatische Intrusionen sind, die die Eruptionszentren untereinander verbinden, ist nicht bekannt.

Die Amerikaner Ward und Day und später auch der britische Katastrophenforscher McGuire in seinem Buch A Guide to the End of the World. Everything You Never Wanted to Know nahmen diese Spalten zum Anlass, die Horrormeldung zu verbreiten, der Westteil von La Palma werde ins Meer rutschen und einen riesigen, einige hundert Meter hohen Tsunami verursachen, der nicht nur das gesamte kanarische Archipel, sondern auch innerhalb weniger Stunden als immer noch 25 m hohe Welle den Nordteil von Südamerika, die gesamt Karibik und Nordamerika einschließlich New York zerstören würde. Hier eine Stellungnahme des kanarischen Vulkanologen Juan Carlos Carracedo zu dieser Theorie.

Exkursionshinweise

Eine Exkursion zu allen 3 Ausbruchstellen der San Juan-Eruption teilt man am besten in 2 Exkursionen auf. Die Krater des Hoyo Negro und des Duraznero liegen auf dem Gipfelgrad der Cumbre Vieja und sind vom Rastplatz El Pilar (1.450 m ü. NN) in 2 bis 3 Stunden zu erreichen. Nach sehr langen und teilweise mühsamen Anstiegen über knapp 500 Höhenmeter, vorbei am alten Vulkangipfel Birigoyo, der Montana Barquita und der Montana de los Charcos, trifft man zunächst auf den Krater Hoyo Negro. Der Hoyo Negro trägt seinen Namen wirklich zu Recht, denn er ist ein bedrohlich wirkendes schwarzes Loch mit 140 m Tiefe (Abb. 14). Steht man an seinem Rand, so erkennt man, dass die Eruption von 1949 eine lange Serie von Laven und Pyroklastika durchschlagen hat. Nur die oberen wenigen Meter sind Aschen und Lapilli des San Juan-Ausbruchs, die einen älteren Vulkankegel überdecken (Abb. 15).

Auf dem weiteren Weg nach Süden quert man einen schmalen Grad, der einen faszinierenden Ausblick auf den links des Wegs liegenden Lavasee am Fuß des Duraznero freigibt (Abb. 2). Besteigt man den Duraznero (1.892 m ü. NN) über den linken steilen Pfad, kann man auf halber Höhe links abbiegen und einen Blick in die leuchtend roten und schwefelgelben Eruptionsstellen werfen (Abb. 24). Die rote Farbe wird durch Eisenoxide und die gelbe durch Schwefel verursacht. Seltener sind bläuliche Färbungen, die durch Mangan verursacht werden.

Hier kann man umkehren und zum Rastplatz El Pilar zurückgehen. Alternativ bietet sich eine Wanderung weiter nach Süden über den Volcan de la Deseada (1.945 m ü. NN) und den Volcan Martin (1.529 m ü. NN) bis nach Fuencaliente an. Hier sind allerdings rund 1.200 Höhenmeter Abstieg zu bewältigen.

Abb. 23: Wanderweg auf der Cumbre Vieja
Abb. 24: Ausbruchstellen des Duraznero in leuchtenden Farben

Den Spaltenausbruch des Llano del Banco-Vulkans (oder auch Volcan de San Juan) erreicht man am besten vom Mirador de los Llanos del Jable, der auf der Straße LP 301 etwa 2 km vor dem Rastplatz El Pilar liegt. Nach einer Wanderung von einer dreiviertel Stunde liegt rechts unterhalb des Forstwegs die imposante Ausbruchstelle (Abb. 5). Ein kaum zu erkennender schmaler Pfad führt durch den lichten Kiefernwald steil abwärts direkt zu den Eruptionsspalten. Man kann über die Laven immer weiter hinunter gehen und erreicht eine exotische Landschaft aus Pahoehoe-Lava, die sich zu glatten Flächen, zu dicken Wülsten und Stricken geformt hat. Weiter unten erkennt man den früheren kleinen Lavasee (Abb. 6). Im weiteren Verlauf ist die Lava in einem tiefen Graben den Hang hinunter geflossen (Abb. 7-9).

Man kann hier entweder umkehren oder den weiteren Abstieg ins Tal suchen. Der Weg ins Tal nach San Nicolas ist oft schwer auszumachen. Hat man dann den Abstieg über Aa-Lava und Weinberge geschafft, so bietet sich von der Straße San Nicolas–El Paso (LP 212) ein eindrucksvoller Blick zurück zum Llano del Banco auf den nach unten immer breiter werdenden Lavastrom (Abb. 3).

Weiter unterhalb im Dreieck der großen Kurve der Straße San Nicolas–Todoque (LP 211) erkennt man im Straßenanschnitt, dass hier 2 Lavaströme übereinander über einer älteren orangefarbenen Tuffschicht liegen, die vermutlich der Birigoyo-Eruption um 4000 v. Chr. zuzuordnen ist (Abb. 25).

Abb. 25: Zwei übereinander liegende Lavazüge auf älterem Tuff
Abb. 26: Seltsame Formen der Pahoehoe-Lava: Wülste ...
Abb. 27: ... Schlingen und ...
Abb. 28: ... Knoten

Geht man in das Lavafeld hinein, so begegnet man vielen interessanten Ausbildungsformen der Pahoehoe-Lava als Stricke, Schlingen, Wülste und Knoten (Abb. 26-28) und kleine und größere Lavatunnel (Abb. 12 und 13).

Den großen Lavatunnel Tubo Volcanico de Todoque haben wir erst 2012 erkundet und auf seiner vollen Länge begangen. Er wird im Rahmen der Exkursion La Palma 2012 ausführlich und mit vielen Bilder beschrieben.

Der Eingang zum Vulkantunnel von Todoque im Llano del Banco-Lavazug

Bildanhang - Historische Fotos von 1949

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