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Hydrogeologische Exkursion zur Zugspitze

Datum der Exkursion: 30.07. - 04.08.2012

Verfasser: Jessica Thomas, Timm Reisinger

Leiter: Paul Mießner (RWTH Aachen - Lehr- und Forschungsgebiet Hydrogeologie,
           Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Thomas R. Rüde)

Das Münchner Haus auf der Zugspitze in 2.959 m ü. HNH, 3 m unterhalb des Gipfels
Abb. 1: Übersichtskarte der Aufschlüsse (ohne Blautopf)

Exkursionstag 1

Halt 1: Blautopf in der Schwäbischen Alb
Breite: 48°24'58.76'' N Länge: 9°47'1.80'' E

Bei der Blautopf-Quelle handelt es sich um eine Karsterscheinung in Blaubeuren in der Schwäbischen Alb (Abb. 2). Sie ist die zweitgrößte Karstquelle in Deutschland und befindet sich in einem Kalkstein aus dem Malm (Weißer Jura).

Abb. 2: Der Blautopf bei Blaubeuren

Nach dem Rückzug des Jurameeres blieben Riffkalke mit einer Mächtigkeit von ca. 400-500 m. Durch Verkarstungsprozesse entstehen aus feinen Rissen unterirdische Rinnen, Klüfte und Höhlen, durch die die Alb entwässert wird. Das Gestein hat eine effektive Porosität von 3 %, wobei die Karsthöhlen nur 1 % des Gesteinskörpers ausmachen. Die 2 % Kluftsysteme stellen den Hauptgrundwasserspeicher dar.

Es gibt im oberen Bereich der Schwäbischen Alb wenig Wasser, weil von den 1.000 mm Niederschlag 500 mm direkt in den Untergrund versickern. Die Schüttungsmenge der Quelle variiert von 0,3 – 30 m³/s und weist somit eine große Spannbreite auf, die typisch für Karstquellen ist. Das System reagiert sehr schnell auf eine höhere Niederschlagsmenge, in 1-2 Tagen erreicht das Niederschlagswasser den Quellaustritt. Durch Tracerversuche wurde das Einzugsgebiet auf eine Größe von  ca. 160 km² bestimmt. Die Fließgeschwindigkeiten reichen von 100-150 m/h bis zu 350 m/h bei Starkregen. Die Quellöffnung liegt in einer Tiefe von ca. 20 m und entspricht somit der Tiefe des Blautopfes. Aufgrund des klaren Wassers und der Tiefe entsteht durch Absorption der übrigen Spektralfarben eine blaue Färbung. Hinter dem Quellaustritt des Blautopfes verbirgt sich ein ausgedehntes Höhlensystem, wobei ca. 10 km der Blauhöhle sind bereits erforscht sind.

Exkursionstag 2

Halt 1: Partnachklamm und geologische Einleitung
Breite: 47°27'35.22'' N Länge: 11° 7'22.98'' E

Zunächst folgen wir der Partnach durch eine Klamm im Alpinen Muschelkalk (braun-rosa in Abb. 3). Danach wechselt die Fazies zum Hauptdolomit bis schließlich in den höheren Lagen der Wettersteinkalk ansteht. Die Fazies wechselt also von alt zu jung zu mittel alt. Aus dieser Tatsache und aus dem EW-Streichen der Schichten kann geschlossen werden, dass wir eine Mulde kreuzen. Der Wetterstein stellt den Hauptsattel dar.

Rosa mit roten Streifen (Abb 3) sind die Partnachschichten dargestellt, bei denen es sich um dunkle Mergel und Tonschiefer aus den tiefmarinen Bereichen handelt. Bei den Wettersteinkalken (braun mit blauen Punkten, Abb. 3) handelt es sich dagegen um ehemalige Riffe. Diese beiden Fazies sind zur selben Zeit, aber unter unterschiedlichen Ablagerungsbedingungen entstanden. Die Raibler Schichten (braun in Abb. 3) sind im Gelände nicht gut aufgeschlossen und bestehen aus einer größeren Anzahl unterschiedlicher Gesteine. Die in der Abb. 3 braunen Bereiche mit roten Streifen stellen den Hauptdolomit dar.

Abb. 3: Geologische Karte des Wettersteingebirges und des Gebiets um Garmisch-Partenkirchen (Bayerisches Landesamt für Geologie, 1998 aus KOTYLA 2011)

Der erste Halt an der Partnach befindet sich ca. eine Stunde Gehzeit vor der Bockhütte. Die Partnach entspringt aus einer Karstquelle auf der nördlichen Flanke der Reintal-Synklinale. Sie wird unter anderem durch Schmelzwasser des Schneeferners, des Restes eines Gletschers auf dem Zugspitzplateau, gespeist. Zunächst sind wir der Partnach durch die eng eingeschnittene Partnachklamm (Breite: 47°27'56.72'' N, Länge: 11°7'16.10'' E) gefolgt (Abb. 4). Die Partnachklamm ist ca. 700 m lang und bis zu 80 m tief. Im Verlauf der alpinen Gebirgsbildung wurden die Gesteine gefaltet. Im Bereich der Partnachklamm hob sich der „Wamberger Sattel“ heraus.

Abb. 4: In der Partnachklamm

Die oberen Partien der Sattelstruktur bestanden aus weicheren Partnachschichten, die durch Erosion leicht abgetragen werden konnten. Übrig blieb der harte Alpine Muschelkalk im Faltenkern, der in unruhigen dunkel-hell geschichteten Kalkbänken ausgebildet ist. Die Partnach hat sich aufgrund ihrer großen Erosionskraft entlang einer Kluft tief in den Untergrund eingeschnitten.

Oberhalb und unterhalb dieses kompetenteren Gesteins fließt die Partnach durch die weicheren, feineren Partnach-schichten, in denen sie ein breiteres Flussbett anlegen konnte.Bei der Alpinen Trias sind 6 Einheiten zu unterscheiden, die hauptsächlich aus marinen Kalken bestehen. Während der Zeit des Urmeeres Tethys konnten sich marine Kalke, Tone und Mergel ablagern, die darauf durch die Gebirgsbildung verformt und versetzt wurden.

Die Zugspitze und alle weiteren sehr hohen Erhebungen bzw. Gipfel bestehen aus dem Wettersteinkalk, der in den Nördlichen Kalkalpen die mächtigste, härteste und Hauptgesteinsschicht bildet. Er stammt aus der Mittleren Trias, ist ca. 1.500 m mächtig und mit Muschelkalk vergleichbar.

Halt 2: Bockhütte
Breite: 47°25'5.38'' N Länge: 11° 5'39.52'' E

Im Inneren des Tals befindet sich quartäres Lockermaterial, das durch Massenbeweg-ungen ins Tal transportiert wurde (Abb. 5). Junge Abbruchstellen sind häufig an hellen, oft gelblichen Bereichen zu erkennen.

Die Partnach entspringt in einer typischen Karstquelle und ist schwach mineralisiert (100-200 µS/cm). Der pH-Wert liegt etwas über 7, was charakteristisch für junges Karstwasser ist.

Abb. 5: Massenbewegung

Es gibt die vordere blaue Gumpe und die hintere Gumpe. Die Gumpen bildeten sich hier durch zwei bedeutende Bergstürze, der größere fand vor 500 Jahren im oberen Bereich statt, der untere vor 200 Jahren in der Nähe der Bockhütte. Durch Hochwasser sind diese Gumpen verlandet und Schotterkörper entstanden. Diese Bereiche des Tales werden nicht von Oberflächenwasser durchflossen, da das Wasser versickert und an tieferen Stellen wieder an die Oberfläche tritt. Durch den Porenaquifer kann das Wasser in der ersten Hälfte des Jahres gespeichert und in der späteren Jahreshälfte wieder freigesetzt werden. Die Fließgeschwindigkeiten in den Schotterkörpern betragen um die 30 m/h. Die kf-Werte sind durch Tracerversuche bestimmt worden, sie liegen bei 0,7 * 10-3 m/s. Das Einzugsgebiet der Gumpen ist 169 km² groß.

Das Wasser fließt durch ein U-Tal, das sich durch einen Gletscher, der entlang einer Störung floss, gebildet hat. In der jüngeren Vergangenheit entstanden Schuttfelder und Schuttkegel an den steilen Flanken. Auslöser waren zumeist Starkregen. Die Rutschungen fanden vor allem in den letzten Jahrhunderten statt, dies liegt zum einen an den häufiger auftretenden Frostwechseltagen, die zur Frostsprengung führen und zum anderen an dem Fehlen der Gletscher als Widerlager. Das Alter der Schutthalden, Schuttkegel usw. wird überwiegend durch den Bewuchs bestimmt.

Exkursionstag 3

Halt 1: Karstquelle und Wetterstein
Breite: 47°24'21.17'' N Länge: 11° 1'42.81'' E

Die Hauptquelle der Partnach entspringt knapp unterhalb einer Schneemasse (Abb. 6, 7). Wasser, das aus Bereichen oberhalb der Quelle stammt, ist zum einen Schmelzwasser und zum anderen Wasser, das aus Klüften austritt. Der Quelltopf liegt 1.440 m. ü. NN. Mit einer Schüttungsmenge von 1,5-1,8 m³/s ist die Karstquelle eine der größten in Bayern.

Abb. 6: Ursprung der Partnach
Abb. 7: Partnachquelle

Die Lage der Quelle ist durch die große Gatterlstörung, die durch das Gebiet läuft und sich an der Quelle mit einer weiteren Störung kreuzt, bestimmt.

Ein weiterer Grund sind die stauenden Partnachschichten, die sich aus scharz-grauen Tonschiefern und Mergeln zusammensetzen.

Das Wasser, das zu Tage tritt, ist relativ jung und dementsprechend schwach mineralisiert. Im Wasser befindet sich vorwiegend Kalzium und Hydrogenkarbonat. Der Magnesiumanteil ist mit einem Verhältnis von Kalzium zu Magnesium von 4:1 eher gering. An diesem Verhältnis ist zu erkennen, dass die Kalke sehr rein sind und es sich nicht um Dolomit handelt (Dolomit: Verhältnis 1:1). Der pH-Wert beträgt 7,2 und die Temperatur 7,8 °C.

Durch Tracerversuche konnte ein Einzugsgebiet von 11,4 km² ermittelt werden. Da das durch oberflächliche Karstformen geprägte Zugspitzplateau 6 km² groß ist, ist davon auszugehen, dass das meiste Wasser, das auf dem Plateau infiltriert, an dieser Quelle zu Tage tritt.

Nach Starkregenereignissen können Fließgeschwindigkeiten bis zu 400 m/h erreicht werden. In Trockenjahren können die Raten nahezu Null betragen. Die höchsten gemessenen Schüttungsmengen liegen bei 16 m³/s. Dieser Wert übersteigt die normale Schüttung um einen Faktor 10 und führt zu einem extremen Sedimenttransport, der die blauen Gumpen unterhalb mit Sediment füllt.

Bei den hier anstehenden Wettersteinkalken handelt es sich um Härtlinge. Das Gestein ist hellgrau, massig, massiv und relativ homogen. Der Wettersteinkalk bildet mächtige Kalkbänke aus, die geringe Hohlraumanteile aufweisen. Der Grundwasserfluss findet an Störungen und Karstbahnen statt.

Abb. 8: Oberflächenkarst (Karren) auf dem Weg zum Gatterl

Halt 2: Gatterl (Grenze: Deutschland/Österreich)
Breite: 47°23'46.08'' N Länge: 11°0'59.87'' E

Auf dem Weg zum Gatterl fällt die Vielzahl an Karstfeldern auf (Abb. 8). In den Feldern sind die Klüfte weit geöffnet und das gesamte Niederschlagswasser infiltriert und fließt Richtung Partnachquelle, an der es wieder zu Tage tritt.

Das Gatterl trennt nicht nur Deutschland von Österreich, sondern befindet sich an der Gatterlstörung, die sich auch durch den Partnachursprung zieht. Durch die Störung, bei der es sich um eine dextrale Blattverschiebung handelt, werden zwei unterschiedliche Gesteinseinheiten getrennt.

Abb. 9: Doline beim Aufstieg von der Knorhütte zur Zugspitze

Auf der österreichischen Seite ist eine bewachsene Mulde erkennbar.

Das Gestein bildet weichere Strukturen aus und ist nicht so schroff wie der Wettersteinkalk auf der deutschen Seite. Es handelt sich um eine jüngere Gesteinseinheit den Aptychen-Schichten aus dem Jura und der Kreide.

Die Aptychen-Schichten bestehen aus einer Wechsellagerung von dünnschichtigen Kalken und Mergeln. Sie sind toniger und unter tiefmarinen Bedingungen abgelagert worden.

Anhand der Gesteine ist festzustellen, dass wir uns im Bayrischen Deckgebirge befinden.

Auch auf dem weiteren Aufstieg zur Zugspitze sind typische Karststrukturen, wie z. B. Dolinen, zu beobachten (Abb. 9).

Exkursionstag 4

Halt 1: Wetterstation auf der Zugspitze
Breite: 47°25'20'' N Länge: 10°59'12'' E

Die Wetterwarte Zugspitze (Abb. 10) liegt auf einem von Westen nach Osten verlaufenden Gratabschnitt des Wettersteinmassivs.

Die Atmosphäre in dieser Lage ist ungestört und es herrschen meist gleichbleibende Verhältnisse. Die Wetterstation liegt 2.966 m ü. NN und somit höher als die Zugspitze. Sie ist seit Beginn ihrer Errichtung immer im selben Gebäude geblieben. Das doppelschalige Fachwerk-Gebäude besitzt kein Fundament, sondern ist auf den Gipfel geschnallt und bewegt sich bei stärkerem Wind.

Abb. 10: Blick von der Wetterwarte Zugspitze

1898 wurde mit der Plannung begonnen, am 19. Juli 1900 wurde der Beobachtungsturm fertiggestellt und übergeben. Der erste Beobachter war der bekannte Bergsteiger und Meteorologe Josef Enzensperger. Die Wetterstation liefert seitdem eine nahezu ununterbrochene Messreihe. Nur zwischen dem 5. Mai und dem 4. August 1945 wurde die Reihe unterbrochen. In dieser Zeit war die Zugspitze fest in der Hand amerikanischer Truppen, die den Gipfel zum militärischem Sperrgebiet erklärt hatten. Der Meteorologe und Umweltforscher Dr. Joachim P. Kuettner nahm die Wetterbeobachtung im Juni 1945 wieder auf.

Die kontinuierliche Wetterbeobachtung liefert einen wichtigen Baustein für die Erstellung von Wettervorhersagen, aber auch für Klimastatistiken und Forschungsaufgaben.

Alle 30 min werden an der Wetterstation Messungen vorgenommem, die daraufhin verschickt werden. Großrechner bearbeiten die Daten, die Auswertung wird aufgrund von Lernprozessen aus der langen Erfahrung immer besser. Die Daten werden von den Wetterdiensten genutzt. Die Wetterwarte Zugspitze ist auch am Wintersportdienst beteiligt und liefert Daten für die Lawinenvorhersage. Außerdem werden Vergleiche mit einer Wetterstation auf 720 m ü. NN in Garmisch-Partenkirchen gemacht.

Es findet ein stetiger Austausch von Daten zwischen der Schweiz, Österreich und Deutschland statt; so ist es möglich, dass speziellere Messungen aufgeteilt werden können.

Folgende Beobachtungen und Messungen werden vorgenommen:

Augenbeobachtungen:

Sicht

Wolkenart und Höhen der Wolkenuntergrenze sowie Bedeckungsgrad

Wetter (z .B. Schnee, Regen, Nebel, usw.)

Messungen durch Messsensorik:

Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit

Windrichtung und –geschwindigkeit

Niederschlag, Schneehöhe

Sonnenscheindauer

Trübung, Globalstrahlung

Radioaktivität in der Luft: Für die Radioaktivitätsmessungen werden auf der Zugspitze und in Garmisch-Partenkirchen mit drei Gammaspektrometern Aerosolpartikel auf Filtern gesammelt und auf radioaktive Beimengungen ausgemessen. Die Radioaktivität, die von Chernobyl ausgegangen ist, wird immer noch gemessen, wobei bei starkem Pollenflug besonders viel Cäsium 137 von Chernobyl gemessen wird. Im Winter ist die Radioaktivität durch die Holzverbrennung in Garmisch-Partenkirchen höher. Auch Jod vom Fukushima-Unglück wurde gemessen.

Die Menge an Saharastaub bei starkem Südwind wird erfasst, die Filter werden dadurch gelb verfärbt. Beim großen Ausbruch des Eyjafjalla Vulkans auf Island hat die Staubmessung ebenfalls ausgeschlagen.

Wetterrekorde Zugspitze

Höchste Temperatur: 17,9°C am 5. Juli 1957

Niedrigste Temperatur: -35,6°C am 14. Februar 1940

Höchster Luftdruck: 726,3 hPa am 27. Juni 1935

Niedrigster Luftdruck: 665,9 hPa am 26. Februar 1989

Längste Sonnenscheindauer: 16,2 h mehrmals

Größte Schneehöhe: 830,0 cm am 2. April 1944

Größte Neuschneehöhe: 150 cm am 24. März 2004

Größte Niederschlagshöhe (24 h): 133,9 mm am 21. Mai 1999

Stärkste Windspitze: 335 km/h am 12. Juni 1985

Das Temperaturmittel liegt bei -4,8°C. Letztes Jahr (2011) lag das Mittel bei -2,7°C, der höchste Wert seit Beginn der Messungen vor 110 Jahren. Auf der Zugspitze gibt es einen starken Albedo-Effekt (etwa 70 % Abstrahlung). Durch die starke Rückstrahlung sind gerade die Frühlingswerte gedämpft

Die Winter in der letzten Zeit waren häufig sehr kalt, jedoch auch oft kurz. Den meisten Schnee gibt es im April und Mai.

Es wird ein Temperaturmittelwert über die gesamte Messperiode gebildet und nicht wie üblich nur über die letzten 30 a. Seit etwa 28 a misst man erhöhte Temperaturwerte. Die Temperaturen steuern auf ein Optimum (etwa vergleichbar mit dem Mittelalterlichen und Römischen Optimum) zu. Zudem nehmen auch die Sonnentage zu.

Die Wärme des Mittelmeeres spielt eine große Rolle für den Süden Deutschlands und die Alpen. Die Temperatur des Mittelmeeres ist entscheidend für Gewitter, Starkregen, Schnee und weitere Formen von Niederschlag. Das Phänomen ist die sogenannte 5B-Lage. Es kommt zu einem Feuchtigkeits-Transport aus dem Süden bzw. Südwesten.

Exkursionstag 5

Halt 1: Wasserwerk Oberau
Breite: 47°34'32.26'' N Länge: 11° 9'40.16'' E

Der Wasserverbrauch in München beträgt ca. 3.000 l/s und kann auf bis zu 6.000 l/s ansteigen. München verfügt über eines der besten Wässer. Außerdem ist es mit einem Preis von 1,45 Euro für einen m³ Wasser eines der billigsten im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten, da es nicht aufbereitet werden muss und wenig Strom für die Pumpen nötig ist. Vor München gibt es Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 300.000 m³ Wasser. Außerdem steht in der Schotterebene südlich von München ein Notfall-Wasserwerk.

Abb. 11: Die Südkaverne

Das Loisachtal zwischen Garmisch-Partenkirchen und Eschenlohe ist bekannt für seinen Wasserreichtum, Oberau besitzt das größte Grundwasservorkommen in Bayern. Hierüber und über weitere hydrogeologie Verhältnisse gaben 194 Bohrungen Aufschluss. Das beidseits von steil abfallenden Felswänden begrenzte und mit eiszeitlichen Schottern aufgefüllte Tal bildet einen mächtigen, von Süden nach Norden durchströmten Grundwasserspeicher.

In den kiesigen Untergrund eingelagerte, wasserstauende Seetonschichten teilen den Grundwasserstrom in zwei Stockwerke. Die nach Eschenlohe ansteigende Talsohle und die Verengung des Talbeckens führen zu gespanntem Grundwasser im unteren Stockwerk.

Als Anfang der 50er-Jahre durch die zunehmende Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben der Wasserbedarf in München unaufhaltsam anstieg, wurde der Vorschlag des Ingenieurs Thiem aus dem Jahre 1876 aufgegriffen, Trinkwasser aus dem oberen Loisachtal zu fördern. Den Bau des Förderwerkes Oberau begleitete ein ausführliches wasserrechtliches Verfahren, das 1959 mit der Antragstellung seinen Anfang nahm. Es gab damals ökologische Bedenken. Heute steht jedoch fest, dass keine signifikanten Veränderungen des Naturhaushaltes eingetreten sind. Unter strengen Umweltauflagen dürfen maximal 2.500 Liter Grundwasser in der Sekunde gefördert werden. Nach einem einjährigen Großpumpversuch konnte 1983 das Förderwerk Oberau den Betrieb aufnehmen.

Das Wasserwerk Oberau besitzt eine Fernleitung, durch die 20 % des Wassers für München geliefert werden können. Es gibt 6 Brunnen zwischen Fachant und Oberau, in denen das Grundwasser artesisch gespannt ist, und die im Zeitraum von 1964-1965 gebaut wurden. Neben 5 Vertikalbrunnen wurde einer der größten Horizontalbrunnen in Deutschland errichtet. Die Brunnen haben bei Ausbautiefen zwischen 44 und 73 Metern eine Förderleistung von insgesamt 2.500 l/s. Regelmäßige Untersuchungen der Brunnen zeigen, dass es keine Verockerung gibt. Die zwei Kopfbehälter in der Südkaverne (Abb. 11) mit einem Fassungsvermögen von 1.350 m³ sind automatisiert, die Brunnen werden je nach Wasserstand eingeschaltet oder ausgeschaltet und liefern 500-1.000 l/s. Das geförderte Wasser hat Trinkwasserqualität und muss nicht mehr aufbereitet werden. Das durch zwei Wassergeringleiter geschützte Wasser hat einen pH-Wert von 7, eine Temperatur von 8°C und verfügt über viel Hydrogencarbonat.

Es gibt Forellen im großen Wasserbehälter (Südkaverne, Abb. 11), die ständig über Kameras beobachtet werden. Kippt das Wasser um, kann dies anhand der Fische rechtzeitig erkannt werden.

Im Wasserbehälter ist ein großes Rohr zu erkennen, durch das das Wasser nach München geleitet wird. Das Rohr wird einmal im Jahr gesäubert.

Die Fernleitung nach München ist 65 km lang, zunächst beträgt der Innendurchmesser über eine Strecke von 2,7 km 2,5 m und einen Außendurchmesser von 2,8 m, danach weisen die Rohre einen Innendurchmesser von 1,65 m auf. Die Rohre sind ausgesprochen stabil, so dass es keinen Notfallplan für einen Bruch der Rohre gibt. Das Wasser fließt automatisch durch den hydrostatischen Druck des Höhenunterschiedes von 35 m. Endpunkt für das Wasser sind die Hochbehälter vor München. Der Bau der Leitung dauerte 8-9 Jahre und kostete ca. 600 Mio. DM. Die Anlage ging 1983 in Betrieb.

Der Vertikalbrunnen 4 (Breite: 47°33'11.10'' N Länge: 11° 8'35.77'' E), der als Beispiel besichtigt wurde, befindet sich im Loisachtal und somit in einem Überschwemmungsgebiet. Aus diesem Grund ist die Eingangstür zweigeteilt, so dass es auch bei Hochwasser möglich ist, an den Brunnen heran zu kommen. Der Brunnen und sein oberer Verbau sind von einem wasserdichten Brunnenhaus umgeben, das wie ein für das Gebiet typischer Heustadel aussieht. Der Brunnen selbst ist durch Anker gegen Aufschwimmen geschützt. Der Brunnen förderte zur Zeit der Besichtigung 200 l/s und ist 73,25 m tief. Die übrigen Brunnen sind jeweils ca. 1,5 km voneinander entfernt.

Halt 2: Lehrpfad (Herzogenstand)
Breite: 47°36'22.07'' N Länge: 11°18'52.54'' E

Der Lehrpfad gibt Informationen über:

Die Schutzverbauung über der Ortschaft Walchensee: Das extrem steile Gelände der Ortschaft Walchensee musste aufwändig gesichert werden. Niedrige Gleitschneezäune halten die Schneedecke fest und ermöglichen jungen Bäumen ein gutes Aufwachsen. Die stabilen Lawinennetze mit ihren teilweise flexiblen Befestigungen schützen die Ortschaft vor Lawinen. Daneben bremsen sie auch Steinschlag ab.

Steinschlagschutz: Das extreme Klima im Gebirge verursacht besonders intensive Verwitterung der Gesteine. Gefrierendes Wasser sprengt selbst größere Felsen, die dann zu Tal stürzen. Auch heftige Regenfälle können Steinschlag auslösen. Ein stabiler Bergwald kann herabstürzende Stein- und Felsstücke aufhalten und so die Steinschlaggefahr deutlich reduzieren.

Auf dem Fahrenberg befindet sich ein Rohr. Unter dem unscheinbaren Äußeren verbirgt sich eine GPS-Messstation, die seit 2005 fest am Fahrenberg installiert ist. Diese Station ist nur eine von mehreren in den bayrischen Alpen und wird vom DGFI in München betrieben. Empfindliche Messgeräte im Inneren der Station empfangen seit 2005 Signale von GPS-Satelliten und zeichnen sie täglich 24 Stunden auf. Mit dem Projekt sollte untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen der Verformung der Erdkruste und Erdbeben besteht.

Weitere geologische Fakten: Im Raum Mittelwald war das Gletschereis ca. 1.000 m dick. Kurz hinter dem Mittelwald verzweigte sich der Gletscher wieder. Der linke Teil schob sich durch das Isartal, der mittlere zum Walchensee und der rechte floß Richtung Garmisch-Partenkirchen ab. Kleinere Berge bekamen durch den Abschliff des darüberfließenden Gletschereises sanft gerundete Formen. Die höheren Gipfel dagegen behielten ihre schroffen Formen, da sie wie Inseln aus dem Eis herausragten.

Abb. 12: Schichteinmessung mit dem Geokompass

Die Kalksteine des Karwendels entstanden überwiegend im Erdmittelalter aus den Ablagerungen des Tethysmeeres. In den Kalkgesteinen des Karwendels und der umliegenden Berge kann man Fossilien finden. Ein Beweis dafür, dass die Gesteine im Meer entstanden sind, sind zum Beispiel fossile Korallen.

Auf dem Lehrpfad wurden, ausgehend von der Gondel, etwa in 50 m-Abständen folgende Werte für das Fallen und Streichen der geologischen Schichten gemessen:

  • 062/30
  • 345/30
  • 254/09

Halt 3: Walchenseekraftwerk von E.ON
Breite: 47°37'46.86'' N Länge: 11°20'15.55'' E

Strom muss in dem Moment erzeugt werden, in dem er gebraucht wird. Während des Tages schwankt der Strombedarf erheblich. Besonders zu Spitzenlastzeiten wie mittags um zwölf Uhr oder abends um acht Uhr müssen Schnellschaltkraftwerke zur Stromversorgung hinzugeschaltet werden, hierzu zählen Heißgasturbinen, Speicherkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke, wobei die beiden letztgenannten durch Wasser angetrieben werden.

Abb. 13: Turbinenhaus

Am 24. Januar 1924 ging die erste Anlage des Speicherkraftwerks-Walchensee in Betrieb und 1925 schließlich die achte Anlage. Zu dieser Zeit gehörte das Speicherkraftwerk mit einer Leistung von 124 MW zu den größten auf der Welt. Das Kraftwerk wurde 4x größer als nötig ausgelegt, um in Spitzenlastphasen ausreichend Strom liefern zu können. Heutzutage werden jährlich ca. 300 GWh erzeugt. 1/3 des Stroms geht an die Deutsche Bahn AG und aus 2/3 wird Drehstrom hergestellt.

Das Wasser kommt aus dem Karwendelgebirge. Um den Walchensee dauerhaft als Energiespeicher zu nutzen, muss ihm Wasser zugeführt werden. Hierfür gibt es eigens errichtete Überleitungen der Isar und des Rißbachs.

Abb. 14: Druckrohrleitungen

Das Speicherkraftwerk Walchensee befindet sich in Oberbayern. Hier bietet sich die Lage der zwei Seen Walchensee und Kochelsee zueinander an. Der Walchensee, der mit einer Tiefe von ca. 200 m der tiefste See Deutschlands ist, liegt 200 m oberhalb des Kochelsees und 2 km von diesem entfernt. Auf natürlichem Weg gelangen ca. 2 m³ Wasser pro Sekunde vom höhergelegenen Walchensee in den Kochelsee. Es wurde jedoch ein Stollen errichtet, der zu einem sogenannten Wasserschloss führt. Im Wasserschloss gleicht ein großes Wasserbecken (10.000 m³) Druckschwankungen aus. Die sechs jeweils ca. 400 m langen Druckrohrleitungen (Abb. 14) sind im oberen Bereich mit 2,25 m Durchmesser breiter als im unteren Bereich (1,85 m) und für einen Druck von 28 bar ausgelegt. Das Wasser, das durch die Leitungen fließt, treibt Generatoren zur Stromerzeugung an. In der Maschinenhalle (Abb. 13) laufen vier Francis-Turbinen von je 18 MW Leistung, die mit vier Drehstromgeneratoren gekoppelt sind. Daneben arbeiten vier Pelton-Freistrahlturbinen von je 13 MW auf vier Einphasenstromgeneratoren. Letztere erzeugen ausschließlich Strom für den Zugbetrieb der Deutschen Bahn. Der Strom nimmt seinen Weg von den Generatoren zu den Transformatoren. Dort wird die Spannung von der Generatorspannung, die 6,6 Kilovolt beträgt, auf die Netzspannung von 110 kV transformiert. Es können 20 bar genutzt werden. 1,5 min sind nötig, um die richtige Drehzahl für die notwendigen 50 Hz zu erreichen. Später fließt das Wasser über den Auslaufkanal des Kraftwerks in den Kochelsee.

Speicherkraftwerke müssen immer auch Hochwasserschutz betreiben. Es gibt spezielle Reaktionen auf 5B-Wetterlagen, z.B. Wellen.

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