Rainer Olzem - arge-geologie.de

Der Pico Nambroque

Auf der Wanderung vom Rast- und Grillplatz El Pilar über die Cumbre Vieja in Richtung Süden liegt kurz vor dem Krater Hoyo Negro links des Wegs der Pico Nambroque (Abb. 1). Mit einer Höhe von 1.922 m über NN ist der Nambroque nach den beiden Gipfeln des Volcán de la Deseada die zweithöchste Erhebung der Cumbre Vieja.

Abb. 1: Der Pico Nambroque ist die zweithöchste Erhebung auf der Cumbre Vieja
Abb. 2: Phonolithische Klippen und der prähistorische Lavazug (verändert nach Carracedo) ...
Abb. 3: ... und als Luftbild (verändert nach Google Earth)

Der Nambroque wird oft mit der San Juan-Eruption von 1949 in Verbindung gebracht, bzw. der Krater Hoyo Negro wird oft als die Ausbruchsstelle des Nambroque bezeichnet. Tatsächlich aber ist der Nambroque ein älterer Vulkan. Mit Hilfe der Radiokohlenstoffmethode [14C] wurde das Alter des Vulkans auf 1.045 ± 95 a BP (before present) datiert. Die Eruption des Nambroque und damit seine Entstehung wird demnach etwa um das Jahr 900 gelegen haben, also etwa 590 Jahre vor der spanischen Eroberung von La Palma.

Abb. 4: Ein kleinerer prähistorischer Krater ...
Abb. 5: ... und der kreisrunde Entgasungsschlot

Bereits aus der Ferne erkennt man die markanten Klippen auf dem Gipfel des Vulkans und einen felsigen Grat – ein Lavazug aus prähistorischer Zeit - der sich von oben den Nordhang herabzieht (Abb. 2, 3, 11, 16, 17).

Kurz hinter dem Hoyo Negro biegt links ein schmaler Pfad zum Nambroque ab. Auf dem Weg zu seinem Gipfel kommt man zunächst an einem kleineren prähistorischen Eruptionskrater vorbei (Abb. 4).

Kurz danach trifft man auf einen annähernd kreisrunden Schlot mit etwa 1 m Durchmesser (Abb. 5). Zunächst will man dieses Loch für einen künstlich angelegten Brunnen halten. Es ist jedoch ein alter Lava- und Entgasungsschlot, worauf auch die rund um den Schlot gruppierten Basaltlavabrocken hinweisen.

Lässt man einen Stein in den Schlot fallen, hört man den Aufschlag nach knapp 3 s, was auf eine Tiefe von ca. 40 m schließen lässt. Man erkennt aber, dass der Schlot nicht senkrecht nach unten führt, sondern dass er bereits nach wenigen Metern einen leichten Knick aufweist.

Andere Autoren berichten, dass ein Stein 20 s bis zum Aufschlag benötigt, was eine immense Tiefe von mehr als 1.000 m bedeuten würde.

Abb. 6: Die Passage durch die Felsspalte in den Krater
Abb. 7: Weiter geht's auf steilem Pfad zum Kraterrand
Abb. 8: Blicke vom Gipfel in den prähistorischen ...
Abb. 9: ... Hauptkrater des Nambroque
Abb. 10: Die markanten Phonolith-Klippen des Nambroque
Abb. 11: Der prähistorische Lavazug zieht den Hang hinab

Der weitere Weg zum Gipfel führt an einer Felsspalte (Abb. 6) vorbei, die ein Tor zum prähistorischen Hauptkrater des Vulkans darstellt. Weiter geht's auf steilem Pfad zum Kraterrand (Abb. 7).

Steht man schließlich auf dem Gipfel des Vulkans, so eröffnen sich schöne Blicke in den Hauptkrater des Nambroque (Abb. 8, 9). Bei der Umrundung des Kraterrandes stellt sich der Gipfel als eine Gruppierung markanter phonolithischer Klippen dar (Abb. 10, 12, 13, 16), die einem älteren stark frakturierten Phonolith, einem sog. phonolithischen Dom, aufsitzen.

Panoramablick vom Gipfel des Nambroque
Abb. 12: Weiter Blick vom Nambroque nach Nordosten ...
Abb. 13: ... und nach Süden auf den Volcan de la Deseada

Die phonolithischen Laven blieben aufgrund ihrer hohen Viskosität als Dome und Kryptodome bereits in den vulkanischen Förderschloten stecken. Im Laufe der Zeit erodierte das umliegende weichere Gestein und die härteren Phonolithe blieben als markante Zeugen dieser magmatischen Geschehnisse stehen.

Abb. 14:nach Süden auf den Volcan de la Deseada ...
Abb. 15: ... sechseckigen Schrumpfungsrisse

Die jüngeren Phonolithe unterscheiden sich in ihrer mineralogischen Zusammensetzung von denen der älteren Dome, über denen die Eruption stattfand. Darin ähnelt der Nambroque dem durch seine phonolithischen Dome und Klippen charakteristischen Vulkan Jedey oder Tajuya.

Die Phonolith-Kuppen zeigen an ihrer Oberfläche die für magmatische Gesteine typischen sechseckigen Schrumpfungsrisse (Abb. 14, 15).

Abb. 16: Die mächtigen Phonolithfelsen und ...
Abb. 17: ... der Lavazug am Fuß des Vulkans

Sehr zu empfehlen ist der Wanderweg vom Rifugio auf dem Llano de las Moscas zum Nambroque, der am Fuß des Vulkans vorbeiführt und den prähistorischen Lavazug kreuzt (Abb. 17). Von hier erschließen sich auch die phonolithischen Klippen in voller Höhe (Abb. 16).

Leseprobe

Abb. 16: Der spanische Eroberer Alonso Fernández de Lugo empfängt Unterhändler der Guanchen

Historische Überlieferungen über den Nambroque gibt es nicht.

Die Guanchen, die neolithischen Ureinwohner von La Palma hatten den Ausbruch des Vulkans um das Jahr 960 zwar miterlebt, doch sie hatten keine Schrift, um die Ereignisse festzuhalten.

Harald Braem erzählt in seinem Roman Tanausú – König der Guanchen - von den Kämpfen der Ureinwohner gegen die spanischen Eroberer in den Jahren 1492 und 1493. Nachdem die Guanchen-Krieger von Tigalate bis auf drei Überlebende gefallen waren, flohen die Alten, Frauen und Kinder mit ihrem Vieh auf den schützenden Nambroque, verfolgt von den spanischen Soldaten (Leseprobe):

„Also doch zum Nambroque? Aber wie, wo uns doch die Feinde den Weg abgeschnitten haben?“
Die Stimmung war verzweifelt, Hoffnungslosigkeit breitete sich aus.
„Ich wüsste einen Ausweg“, warf die Heilfrau ein. „Es gibt einen zweiten Zugang zum Berg. Ich kenne ihn, weil ich dort öfter Pflanzen und Kräuter sammle. Er ist allerdings sehr schwierig, ich weiß nicht, ob ihn alle schaffen …“

… weit auseinander gezogen schleppte sich der Zug aus Menschen und Tieren in die Berge hinauf.

... Sie blickten auf die Montes de Luna, die Küste, das Meer, sie sahen die geröllbedeckten Hänge und die Menschen des Stammes auf der Flucht. Sie sahen auch die Spanier herankommen, das ganze Heer schien unterwegs zu sein, ihnen dicht auf den Fersen. Immer wieder blitzten und donnerten Musketen auf. Die Ziegenherde brach verängstigt seitwärts aus und war auch durch Steinwürfe nicht mehr zur Umkehr zu bewegen. Die Ordnung im Zug schien aus den Fugen. Jeder rannte und kletterte, so schnell er konnte. Aber der Feind kam näher und näher. ...

Abb. 17: Petroglyphen der Guanchen aus der Höhle von Belmaco, La Palma (Quelle: Zyance)

… Und dann geschah etwas ganz und gar Unerwartetes: Nebel zog sich in dichten Schwaden zusammen, Bänke zuerst, Wände dann, immer undurchdringlicher, wie alles erstickende Schleier. Der Nambroque, der gütige, schützende Berg, hüllte sich und seine Guanchen ein. …

… Und dann gelangten sie über die Grenze des Nebels hinaus. Ganz dicht unter dem Gipfel des Nambroque befanden sie sich, dort, wo die Schlucht begann, wo die Quelle war, die Höhlen, der schützende Talkessel, verborgen zwischen den Felsen.

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