Rainer Olzem - arge-geologie.de

Der Vulkan El Charco (Volcán del Charco o Montagna Lajiones)

Im 18. Jahrhundert fand auf La Palma nur ein einziger Vulkanausbruch statt, nämlich der des El Charco-Vulkans (Abb. 1, 2). Diese nur sehr schlecht dokumentierte Eruption ereignete sich 1712. Danach folgte eine 237 Jahre lange eruptive Ruhepause auf La Palma bis zum San Juan-Ereignis 1949.

Abb. 1: Der Vulkan El Charco von Norden ...
Abb. 2: ... und von Süden gesehen

Während der El Charco-Eruption entstand der basaltische Vulkankegel mit seinen hellen Decken phreatomagmatischer Ablagerungen an der Südflanke und eine Reihe von Eruptivschloten, die sich zusammen mit der Hauptausbruchsstelle (Abb. 5, 6) entlang einer etwa 2,5 km langen Eruptionsspalte in NW-SE-Richtung erstrecken. Der spanische Name Montagna Lajiones oder Lanchones bezieht sich auf diese Decke phreatomagmatischer Brekzien, die in der letzten Eruptionsphase gefördert wurden, als das Magma mit Meerwasser in Kontakt kam und eine phreatomagmatische Eruption einsetzte.

Abb. 3: Auf schmalen Pfaden zum Gipfel des El Charco
Abb. 4: Rast auf dem höchsten Punkt des Vulkans
Abb. 5: Blick in den Krater ...
Abb. 6: ... des Vulkans El Charco

Die Lava floss in mehreren Strömen den westlichen Hang hinab, wobei die tieferen Ausbruchsstellen eine Reihe von Hornitos formten (Abb. 7). An der Westküste bildeten die Laven eine ausgedehnte Plattform, auf der heute die kleine Küstenortschaft El Remo und die für La Palma typischen Bananenplantagen liegen (Abb. 8, 9).

Abb. 7: Ausbruchsstellen, Lavaflüsse und Küstenplattformen (Google Earth)

Die Eruption von 1712 ist ein typisches Beispiel für die beiden Charakteristiken einer Cumbre Vieja-Eruption: Erstens das generelle Muster der Förderspalten parallel zur Riftachse der Cumbre etwa in N-S-Richtung, deren Intrusionen durch die Anisotropie aufgrund der zahlreichen Dykes auf der Riftachse begünstigt werden.

Diesem charakteristischen Schema folgte auch die 1646er Eruption des Vulkans Martin und später auch die 1949er Eruption des San Juan.

Abb. 8: Luftbild der Ausbruchsstelle, links der östliche Kraterrand (Carracedo)
Abb. 9: Der Westhang des Kraters mit phreatomagmatischen Brekzien (Carracedo)

Das zweite Charakteristikum ist, dass die oberen Eruptionszentren das System durch den „Kamineffekt“ entgasen und so die vulkanischen Gase unter hohem Druck zu den höheren Teilen des Rifts treiben: Die höher gelegenen Eruptionsapparate sind vorwiegend hoch explosiv und produzieren vulkanische Gase und Pyroklastika, während die tiefer gelegenen Ausbruchsstellen effusiv sind und Laven emittieren, die den Hang der Cumbre hinabfließen.

Historische Quellen

Juan Carlos Díaz Lorenzo, Fuencaliente
Für Enrique Luis Larroque del Castillo Olivares (Aus dem Spanischen von Jan und Maria)

Es waren fast 35 Jahre vergangen seit dem Ende des Ausbruchs des Vulkans San Antonio von 1677, als sich die neue Eruption von 1712 ereignete, eine der am wenigsten bekannten in der Geschichte der Insel La Palma. Bekannt als der Vulkan El Charco gehört sie zu den am schlechtesten dokumentierten, da sie nämlich in keinem der Werke der Historiker, Literaten, Reisenden und Naturforscher des 18. Jahrhunderts verzeichnet ist.

Abb. 10: Eruptionsapparate und Lavaflüsse (GRAFCAN)

Da der Mangel an konkreten Hinweisen auf diese Eruption ihre historische Bestätigung verhinderte, blieb sie bis weit in das 20. Jahrhundert hinein unbekannt.

Zu dieser Zeit begannen verschiedene Autoren sie zu beschreiben, allerdings in einer recht unpräzisen Weise und ohne konkrete Zeitangaben und Nennung der Quellen, aus denen sie diejenigen Angaben bezogen haben, welche sie glauben machten, es handele sich um ein Ereignis des 18. Jahrhunderts.

Aber vor allem das Fehlen zeitgenössischer Quellen selbst erschwerte außerordentlich die Feststellung des konkreten Ausbruchszeitpunktes. Man wies anfangs auf die wahrscheinlichen Jahreszahlen 1705, 1712 bzw. 1725 hin.

Im Jahr 1919 erwähnt der Geologe Lucas Fernández Navarro das Ereignis kurz in seiner Arbeit: Las erupciones de fecha histórica en Canarias (Die historischen Eruptionen auf den Kanaren) - und kommentiert:

Bezüglich der des El Charco, Datum ungewiss (1705-1725)... brachte einen beachtlichen Lavastrom mit zwei Armen hervor, der in einer Höhe von etwa derjenigen des Martín (1646) begann, allerdings an der westlichen Seite der Insel, und bis nahe an das Meer reicht.

Wie die Professorin Carmen Romero Ruiz in ihrer bemerkenswerten Doktorarbeit - Las manifestaciones volcánicas históricas del Archipiélago Canario (Die historischen vulkanischen Zeugnisse auf dem kanarischen Archipel) - unterstreicht, ist die zeitliche Einordnung der El Charco-Eruption in das erste Drittel des achtzehnten Jahrhunderts Navarros Verdienst, obwohl dieser zunächst zu einer Datierung um 1705 tendierte, dies aber später zugunsten des anderen Datums (1725) korrigierte, wenn auch unter Vorbehalt.

Abb. 11: Die Lavaströme von 1712 (Carracedo)

1949, im Jahr des Ausbruchs des San Juan, schlägt der Geologe Simón Benítez Padilla - einer der führenden Wissenschaftler im Umfeld dieses Ereignisses - 1712 als Datum des El Charco-Ausbruchs vor:

Durch unerklärlichen Zufall ist diese vorletzte Eruption die am wenigsten bekannte. Noch immer gibt es Zweifel, was den Zeitpunkt betrifft, jedoch nicht den Namen, denn alle bezeichnen sie als die des El Charco, an der Küste der Endpunkt des Lavastroms vom Höhenzug.

Ein anderer hervorragender Geologe, Bonelli Rubio, unterstützte 1950 den von Benítez Padilla vorgeschlagenen Eruptionszeitpunkt. 1951 setzte sich schließlich das Jahr 1712 endgültig durch, da in der Arbeit von Romero Ortiz und Bonelli Rubio eine kurze Aufzeichnung von Juan Agustín de Sotomayor, einem Zeugen des Ausbruchs, veröffentlicht wurde, die den Autoren von Antonio Pino, dem damaligen Bürgermeister der Stadt El Paso, überlassen worden war.

Der berühmte Professor Manuel Martel San Gil zitierte 1960 dieselbe Quelle, behauptete aber, sie von den Brüdern Cayetano und Antonio Gómez Felipe erhalten zu haben. Allerdings war es der Historiker Miguel Santiago, der im gleichen Jahr die meisten Daten über den Vulkan beigesteuert hat.

Die Eruption des El Charco dauerte 56 Tage und ereignete sich zwischen dem 9. Oktober und dem 3. Dezember 1712. Die ersten Anzeichen zeigten sich bereits am 4. Oktober, und der Tag bevor sich die Eruptionsspalte öffnete, war von Gasaustritten begleitet.

Die Lavaförderung begann in der Morgendämmerung des 9. Oktober:

[...] gegen ein Uhr am Tage brachen zwei Schlote auf [...] beide stießen sehr viel Feuer und Steine und etwas Asche aus; und der untere begann bei Anbruch des folgenden Tages Malpaís [schlechtes Land = Lava] zu spucken [...] und am 15. Oktober schien es, als käme die Erde herunter, von dem besagten Hauptschlot [...] und hier und da stießen viele Schlote, wohl 12 an der Zahl, mehr oder weniger (Lava) aus. Und einen Steinwurf entfernt von den Häusern [...] öffnete sich der letzte Schlot, die ganze flüssige Malpaís auswerfend [...]

Abb. 12: Die Kapelle von ...
Abb. 13: ... Santa Cecilia

Der Schwerpunkt der Eruption befand sich auf der Cumbre Vieja in 1.700 Metern Höhe und etwa 2,5 Kilometer nordöstlich des Vulkans Martín (1646). Die Förderprodukte wurden nach Westen ausgeworfen, schräg zur heutigen südlichen Hauptstraße. Sie finden sich hauptsächlich in der Nähe des Dorfes El Charco und in der als Los Pinos Altos bekannten Gegend, in der hunderte hochgewachsene Exemplare der Kanarenkiefer beheimatet sind.

Der Bericht von Juan Agustín de Sotomayor y Massieu, der diesen Ausbruch schildert, liest sich folgendermaßen:

Jesus, Maria und Josef. Anno 1712. An einem Mittwoch diesen Jahres 1712, welcher der 4. Oktober war, begann die Erde zu beben, und so blieb es einige Tage und Nächte... es ereigneten sich acht Beben, bis zum 8.(Oktober), der mehr als fünfzehn (Erdbeben) hatte in der Nacht; und dann gab es etwas Ruhe, dann kam ein großes Erdbeben, und die Erde begann zu rauchen auf dem Gut von Frau Ana Teresa Massieu, meiner Tante, an dem Ort, den man La Fuente [Die Quelle] nannte, weil es dort eine solche mit sehr gutem Wasser gab.

Am Sonntag, dem 9. des selben Monats, gegen ein Uhr am Tage brachen zwei Schlote auf, einer auf einer kleinen Erhebung, die über der besagten Quelle lag, und der andere später direkt darunter; beide stießen sehr viel Feuer und Steine und etwas Asche aus; und der untere begann bei Anbruch des folgenden Tages (10. Oktober) Malpaís zu spucken, das sehr schnell herüber kam [...]; später änderte es seinen Weg und geriet vor die Häuser in der alten Malpaís, auf deren einer Seite es nach Lomo de Jinaldo floss, und von da aus zum Meer, und der höhergelegene Schlot stieß weiter eine große Menge von Steinen aus, die auf dem Rücken einer Schlucht liegenblieben und einen Berg formten so hoch wie die Cumbre; [...]; und am 15. Oktober schien es, als käme die Erde herunter, von dem besagten Hauptschlot, unmittelbar zu einem kleinen Hügel, der über den Häusern der María Antonia de Sotomayor lag, und den man Jindana nannte, und hier und da förderten viele Schlote, wohl 12 an der Zahl, mehr oder weniger Lava.

Und einen Steinwurf entfernt von den Häusern meiner Tante María Antonia öffnete sich der letzte Schlot, die ganze flüssige Malpaís auswerfend, die in der Nacht wie geschmolzenes Kupfer aussah, und schwarz am Tage, und man konnte sie eilig herunterkommen sehen, auch wenn schließlich obenauf große Steine träge mitgeschwommen kamen.

Abb. 14: Die Schutzheilige der Musik

Es wurden auf dem Land meiner Tante Ana 40 Fanegas [1 Fanega = ca. 6.460 m²] Ackerland zerstört und viel der Brache, und Schluchten waren verschüttet, wo immer viel Vieh geweidet hatte; und es war ein Wunder meines seligen Schutzpatrons [...] San José dass die Übrigen davonkamen und keine anderen Häuser brannten, und nichts anderes außer zwei Zisternen. Der María Antonia kostete es 60 Fanegas vom besten Ackerland der Insel, und ihr verbrannten zwei Häuser, Scheunen und Kornspeicher und eine Zisterne. Und der Vulkan erlosch am 3. Tag im Dezember, bevor es dämmerte.

Wie Professorin Romero Ruiz aufzeigt, legt diese Chronik drei verschiedene Eruptionsphasen nahe. Eine erste mit explosivem Charakter, die sich in den ersten Momenten entfaltete, gefolgt von einer zweiten: charakterisiert durch ein differenziertes Verhalten der verschiedenen Eruptionszentren, das wir als gemischt bezeichnen können, und schließlich eine Phase des Entstehens neuer Ausbruchsstellen mit ausgesprochen effusivem Verhalten, die wahrscheinlich bis zum Ende der vulkanischen Tätigkeit anhielt.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts errichtete der Grundbesitzer José Miguel de Sotomayor auf dem Teil seines Besitzes, auf dem sich die Lavaströme von 1712 erstrecken, auf eigene Kosten die Kapelle von Santa Cecilia, nahe der Grenze zwischen Fuencaliente, El Paso und Los Llanos de Aridane. Es handelt sich um einen Tempelbau von kreisförmigem Grundriss und funktionaler Architektur, der im Verlauf der Jahre 1948 und 1949 gebaut wurde und dessen feierliche Segnung am 22. Dezember des letztgenannten Jahres stattfand. In der Nachbarschaft entstand auch eine Schule für die Kinder von El Charco, die heute verwaist ist.

Nicht jedoch die Kapelle, die während der meisten Zeit des Jahres geschlossen ist und in deren Innern sich ein schlichtes Retabel befindet, dessen mittlere Tafel ein viel verehrtes Abbild der Schutzheiligen der Musik beherbergt. Der Ort wird ergänzt durch einen bescheidenen Platz, der als großartiger Aussichtspunkt entlang der Straße vom Hang einen Ausblick bietet auf den Weg, welcher einem der Arme des Lavaflusses des El Charco folgt.

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