Rainer Olzem - arge-geologie.de

Der Vulkan de Martín de Tigalate

Auf dem südlichen Teil der Riftzone der Cumbre Vieja liegt weithin sichtbar der eindrucksvolle rote Kegel des Vulkan Martín de Tigalate (Abb. 1, 2). Die Eruption, die den heutigen Vulkan bildete, baut auf einem früheren Vulkan prähistorischen Alters auf.

Abb. 1: Der rote Vulkan ...
Abb. 2: ... de Martín de Tigalate
Abb. 3: Blick über den Kraterrand
Abb. 4: Die obere Ausbruchstelle von 1646
Abb. 5: Ausbruchsstellen und Lavaströme des Martín (verändert nach Google Earth)

Der letzte Ausbruch des Vulkan Martín datiert auf das Jahr 1646.

Die Eruption, die am 30. September 1646 begonnen und bis zum 21. Dezember angedauert haben soll – nach anderen Quellen vom 26. Oktober bis zum 18. Dezember -, fand an der Basis des prähistorischen Vulkans in rund 1.300 m über NN statt und schickte einen breiten Lavastrom zur Ostküste der Insel (Abb. 5, 6).

Der heutige weithin sichtbare rote Vulkankegel des Martín mit seinem höchsten Punkt in 1.529 m über NN ist nicht der Eruptionskrater des Ausbruchs von 1646. Die Ausbruchsstelle von 1646 ist vielmehr der kleinere Kegel südöstlich des Hauptkraters (Abb. 5, 6).

Abb. 6 gibt einen Überblick über die prähistorische Ausbruchsstelle und den Eruptionskegel von 1646, über prähistorische und neuere Lavaflüsse sowie über die Verteilung der 1646 ausgeworfenen Pyroklastika.

Abb. 6: Ausbruchsstellen, Verbreitung der Pyroklastika und Lavströme (nach GRAFCAN, Quelle: Carracedo)
Abb. 7: Die untere küstennahe Ausbruchsstelle des Vulkan de Martín von 1646, links: El Puertito (Google Earth)

Neben der Ausbruchstelle auf der Cumbre existiert noch ein zweites Eruptionszentrum an der Basis des prähistorischen Kegels nahe der Küste (Abb. 5 bis 7).

Diese küstennahe Eruption an der Basis des prähistorischen Vulkans formte die Roques de Anaga oder Montes de Luna an der Ostküste der Insel, südöstlich des oberen Eruptionszentrums.

Abb. 8: Die dünnflüssige Lava formte ...
Abb. 9: ... lange Tunnel und Kanäle (Carracedo)

Beide Eruptionszentren förderten relativ dünnflüssige Laven, die lange Lavatunnel und Lavakanäle bildeten, die an der Ostflanke des Vulkans heute als tiefe Schluchten zu erkennen sind (Abb. 8, 9).

Der Krater des Martín ist weitständig mit wenigen kleinwüchsigen Kanarenkiefern bestanden (Abb. 10, 11), auf seinem Grund gibt es eine Höhle, in der eine Quelle entspringt, die Fuente del Fuego (Feuerquelle, Abb. 12), die jedoch nur nach längeren Regenfällen Wasser liefert.

Abb. 10: Einblicke in den Krater ...
Abb. 11: ... des Vulkan de Martin

Die Lavaströme und Pyroklastika des Vulkan Martin bilden mit 7,5 km² die größte zusammenhängende Vulkanfläche auf La Palma, eine Landschaftseinheit mit größtenteils unfruchtbaren Böden, die von den Palmeros Malpais (unfruchtbares Land) genannt wird.

Panoramablick vom Vulkan Martín (links) zur Montaña Pelada (rechts)

Historische Quellen

Abb. 12: Die Höhle mit der Fuente del Fuego

María Victoria Hernández schreibt auf der Website www.lapalmaturismo.com:

„Es wird berichtet, dass man am Sonntag, dem 30. September 1646, mitternachts auf der Insel ein starkes Erdbeben spürte, und nachts darauf ein lautes Geräusch vernahm, und die Leute sahen, wie aus dem Berg Manteca ständig Rauch aufstieg, dann stellte man fest, dass es ein neuer Vulkan war, der zweite, der seit La Palma 1492 unter kastilische Krone gefallen war, die Insel erschütterte.

Abb. 13: Santuario de la Virgen de las Nieves oberhalb von Santa Cruz de La Palma

Es war die Geburt des Vulkans Martín, der nach tagelangem Rauchen begann, Lavaströme hangabwärts zu ergießen und solche Mengen Steine herauszuschleudern, dass es wie Vogelschwärme aussah, und so groß, dass man sie von jedem Punkt der Insel erblicken konnte, und in der Dunkelheit sah man sie noch deutlicher, da jeder Stein hellglühender Kohle glich. Aus diesen Unmengen ausgespuckter Steine entstanden riesige Ströme, die sich ins Meer ergossen.

Und es wird weiter berichtet, dass das Beben der Erde anhielt, der Sand die Saat begrub und das Vieh kein Futter mehr fand.

Die Häuser drohten einzustürzen, weshalb die Menschen der Insel nachts in Gewölben, Erdgeschossen und Höfen Schutz suchten.

Abb. 14: Die Jungfrau von Las Nieves im Santuario de la Virgen de las Nieves

In einer Nacht war das Beben so stark, dass die Bewohner der Insel in die Kirchen liefen, und mitternachts gab es eine feierliche Prozession mit der Heiligen Jungfrau von Las Nieves [Heilige Jungfrau vom Schnee], die sich gerade in der Kirche El Salvador von Santa Cruz de La Palma befand, von der man bei einer örtlichen Wallfahrt Fürsprache im Hinblick auf den schrecklichen Vulkan erfleht hatte. Die Leute von La Palma brachen aus Furcht vor der Strafe Gottes in Tränen aus.

Es war am 21. Dezember, als Wunder und Legende begannen, eins zu werden, und so wird berichtet: „Und es war offenkundig, dass die Glorreiche Jungfrau von Las Nieves, unsere geliebte Schutzheilige, ihren wohlwollenden Tau als Schnee auf den Vulkan herabfallen ließ“.

So endeten Tage der Verzweiflung eines Volkes. Mit seiner Liebkosung löschte und bedeckte der Schnee den furchtbaren Vulkan.“

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