Rainer Olzem - arge-geologie.de

Der Vulkan La Caldereta

Abb. 1: Blick von Norden auf La Caldereta
Abb. 2: Historisches Foto der Caldereta von 1890

Dem Hafen der Inselhauptstadt Santa Cruz de la Palma gegenüber liegt ein großer und imposanter Vulkankrater, genannt La Caldereta (Abb. 1). Seine Basis hat einen Durchmesser von 1,5 km und sein innerer Durchmesser beträgt 1 km (Abb. 4). Der Kraterrand überragt die Stadt an seinem höchsten Punkt um etwa 400 m. Die stadtauswärts verlaufende Schnellstraße durchfährt die südliche Kraterwand der Caldereta durch einen etwa 450 m langen Tunnel und die stadteinwärts führende Gegenfahrbahn schneidet ein senkrechtes Profil durch den Kraterrand.

La Caldereta ist ein Vulkan, der durch eine sogenannte phreatomagmatische Eruption entstanden ist. Eine phreatomagmatische Eruption ist ein mit heftigen Explosionen verbundener Vulkanausbruch, wobei unter hohem Druck stehende Gase die überlagernden Gesteinsmassen durchschlagen. In der Regel kommt das bis zu 1.200°C heiße Magma mit Meerwasser, Grundwasser oder Oberflächenwasser in Kontakt, wobei das Wasser weit über seinen Siedepunkt hinaus erhitzt wird. Das Wasser verdampft schlagartig und sein Volumen wird dabei auf das 1.000-fache vergrößert, was zu einer hochexplosiven Dampfexplosion führt.

Abb. 3: La Caldereta aus der Vogelperspektive (Google Earth)
Abb. 4: Der Innendurchmesser des Kraters misst rund 1 km (GRAFCAN)

Die Explosion zertrümmert das umgebende Gestein und sprengt einen Krater in den Gesteinsuntergrund. Das ausgeworfene Nebengestein wird rings um den Krater als Wall abgelagert. Durch den direkten Kontakt von Magma mit Wasser werden die pyroklastischen Materialien sehr stark fragmentiert - von feiner Asche (kleiner 0,0625 mm) bis zu groben Blöcken (größer 256 mm) - und palagonitisiert. Palagonit ist ein Gesteinsglas, das aus basaltischem Magma in Kontakt mit Wasser entsteht. Das Auswurfmaterial weist eine schlechte Sortierung auf, d. h. es besteht aus feinen und groben Komponenten. Große Blöcke haben oft keine Einschlagkrater erzeugt, d. h. die Blöcke wurden nicht im Flug transportiert, sondern rollten über den Boden (Horizontaltransport). An diesen charakteristischen Eigenschaften können phreatomagmatische Eruptionen meist gut identifiziert werden.

Das vulkanische Auswurfmaterial der Caldereta besteht aus hoch verdichteten palagonitischen Tuffen. Altersbestimmungen für den Caldereta-Vulkan gibt es nicht, nach einer groben Abschätzung dürfte er älter als die Cumbre Vieja, aber jünger als der jüngere Taburiente-Vulkan sein: 700.000 bis 150.000 Jahre.

Abb. 5: Klassifikationsdiagramm der kanarischen Vulkane (Carracedo, 1984)

Wenn der Zustrom von externem Wasser versiegt oder der Nachschub von Magma zum Erliegen kommt, kann eine phreatomagmatische Eruption von rein magmatischen Eruptionen gefolgt werden. Im Inneren der Cadereta befindet sich ein magmatisches Eruptions-Zentrum, das belegt, dass am Ende der phreatomagmatischen Eruption auch hier das Magma keinen Kontakt mehr zum Wasser hatte und sich der Mechanismus der Eruption zu einem normalen strombolischen Ereignis wandelte.

Phreatomagmatische Eruptionen produzieren nicht nur charakteristische vulkanische Auswurfmaterialien, sondern sie bestimmen auch Form und Größe der vulkanischen Kegel. Durch Phreatomagmatismus entstandene Krater sind oft weiter und offener als rein effusive Krater. Das Verhältnis zwischen Höhe und Weite sowie Tiefe eines Kraters erlaubt es, phreatomagmatische Krater durch ihre Dimensionen zu erkennen. Dabei werden Tuff-Kegel und Tuff-Ringe oder Calderen unterschieden. Im Klassifikations-Diagramm (Abb. 5) ist La Caldereta nah an der Grenze zwischen Tuff-Kegel und Caldera. In letzterer kann sich, wenn die Eruptionsenergie sehr hoch ist und die Explosionen den Krater unterhalb der Wasseroberfläche aushöhlen, ein Maar innerhalb des Kraters bilden. Ein schönes Beispiel auf den Kanaren ist der El Golfo-Kratersee auf Lanzarote.

Panorama vom Mirador de la Conception über die Caldereta und Santa Cruz de la Palma
Abb. 6: La Caldereta - Ansicht von Norden
Abb. 7: Blick vom Mirador de la Conception auf die Bebauung im Caldereta-Krater

Der imposante Krater des La Caldereta-Vulkans ist als schützenswertes Naturdenkmal ausgewiesen – er ist der größte Tuff-Kegel auf den Kanaren - und wurde zunächst in seinem Inneren naturbelassen. Aber wie so oft kollidierte auch hier die Ökonomie mit der Ökologie und so wurde nur der ohnehin unzugängliche und nicht nutzbare Bereich des Kraters geschützt, während der bebaubare Bereich durch eine Wohnsiedlung abgewertet wurde, ohne zu berücksichtigen, dass dies ein Naturdenkmal ist und nicht nur ein beliebiges Baugrundstück (Abb. 7). Es gab damals von Seiten der Bevölkerung und von Naturschutzverbänden heftige, aber erfolglose Kritik an den Bauvorhaben.

Abb. 8: Phreatomagmatische Tuffe der Montana Goteras (Carracedo)
Abb. 9: Steinbruchwand der Montana Goteras (Carracedo)

Der ebenfalls durch Phreatomagmatismus entstandene Vulkankegel der Montana Goteras an der Zufahrtsstraße zum Flughafen wurde bereits vollständig abgetragen. Jahrelang diente er als Steinbruch und Sandgrube für Baumaterial. Das hatte jedoch den positiven Effekt, dass dadurch ein Einblick in seine internen Strukturen möglich war. Der Kegel besteht aus dünnen Lagen dunkelgrauen schlecht sortierten pyroklastischen Materials, in dem neben fein gradierter vulkanischer Asche Lapilli und große eckige Felsbrocken eingelagert sind (Abb. 8, 9 und 10).

Abb. 10: Der Steinbruch der Montagna Goteras

Die weltweit stärksten vulkanischen Ereignisse waren phreatomagmatische Eruptionen.

Auf den westlichen Kanaren gibt es eine ganze Reihe von Beispielen phreatomagmatischen Vulkanismus, z. B. die 1949er San Juan-Eruption im Krater des Duraznero und des Hoyo Negro auf der Cumbre Vieja von La Palma oder die Hoya del Verodal-Eruption auf El Hierro.

Auch die Eruption des Vulkans San Antonio auf La Palma vor rund 3.200 Jahren war phreatomagmatischer Art.

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