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Kartierkurs I Eschwege

Datum des Kurses: 08. - 14.08.09

Leitung: PD Dr. Eckardt Stein und Steffan Stoll

Panoramabild von Datterode (www.meindatterode.homepage.eu)

Protokollanten: Niklas Stausberg und Timm Reisinger

Kartiergebiet: 6 (südöstlich Datterode und nordwestlich Röhrda)

Matrikelnummer: 2700998 und 2710185

Studiengang und Semester: Geowissenschaften 2. Semester

Universität: Albert-Ludwigs Universität Freiburg

1. Geographische Lage des Kartiergebiets

Eschwege ist die Kreisstadt des Werra-Meißner-Kreises im Nordosten von Hessen (Deutschland). Unser Kartiergebiet liegt südlich der Stadt Eschwege im Südosten von Datterode, ein Ortsteil der Gemeinde Ringgau im Werra-Meißner-Kreis, Hessen, mit etwa 1.000 Einwohnern. Der Luftkurort Datterode liegt im Tal der Netra im westlichen Teil des Mittelgebirges Ringgau auf ca. 240 m ü. NN. Im Nordwesten grenzt das Kartiergebiet an das Dorf Röhrda, nördlich des von uns zu kartierenden Gebiets verläuft die Bundesstraße 7.

Die folgenden Rechts- und Hochwerte markieren die Eckpunkte des Kartiergebiets:

- Im Westen: R: 35 71300 H: 56 65225

- Im Osten: R: 35 73563 H: 56 64350

- Im Norden: R: 35 71525 H: 56 65325

- Im Süden: R: 35 72400 H: 56 63787

Diese Rechts- und Hochwerte entsprechen der maximalen Ausdehnung des Gebiets nach den Himmelsrichtungen. Das Gebiet ist jedoch nicht rechteckig, sondern es keilt in die einzelnen Richtungen aus (Abb. 1).

Die längste Erstreckung verläuft von Nordwesten nach Südosten und beträgt ca. 2,3 km, die längste Nordsüd-Erstreckung ca. 1,8 km.

Bei Datterode verengt sich das Netratal. Die Oberflächengestaltung in unserem Gebiet besteht hauptsächlich aus Feldern, Wiesen und vor allem aus dazwischen eingebetteten und oft auf den Berghängen gewachsenen Wäldern.

In diesem vorwiegend über 250 m ü. NN liegenden Gebiet fallen drei Bergkuppen auf: der Pfifferberg mit 401 m ü. NN, der Kümmelsberg mit 359 m ü. NN und der Stein, der mit 480 m ü. NN die höchste Erhebung des Gebiets ist.

Das Kartiergebiet

2. Geologischer Überblick

Vor ca. 320 Ma bildete sich im Karbon in Folge der variskischen Gebirgsbildung ein Mittel-Gebirge aus. Der Werra-Meißner-Kreis war wegen seiner Lage am Nordrand der Orogenese von der Gebirgsbildung nur relativ gering betroffen.

Im Norden des Werra-Meißner-Kreis liegt die Eichsfeldschwelle, ein nach der variskischen Gebirgsbildung vor rund 250 Ma zu Beginn der Trias entstandener NE-SW verlaufender Höhenzug.

Während der Trias gab es die heutigen Kontinente nicht, sondern nur einen Großkontinent, der Pangäa genannt wird. Er erstreckte sich vom Nordpol bis zum Südpol und war somit ausschlaggebend für ein sehr trockenes kontinentales Klima, das im Landesinneren kaum noch feuchte Meeresluft durch Winde heran führte. Des Weiteren lag das Gebiet zur damaligen Zeit an subäquatorialer Position.

Von Osten her drang das Großmeer Tethys in Richtung Pangäa vor. Durch Krustendehnung und thermische Subsidenz bildete sich ein großes Becken, das Zentraleuropäische Becken, aus, das schon im Perm durch das Zechsteinmeer von Norden her überflutet wurde und vorwiegend klastische Sedimente aufnahm, die der Erosion des Gebirges entstammten. Es gab einzelne abgeschnürte Meeresbecken ohne Zufluss. Aus dieser Zeit und dem Zechsteinmeer stammen auch die zahlreichen Salzstöcke im Thüringer Raum. Vor allem wegen des ariden Klimas kam es zur Bildung von Evaporiten.

Im Buntsandstein war das Becken durch kontinentale Ablagerungen geprägt. Das nahe Liefergebiet der Sedimente spiegelt sich unter anderem in der Struktur des Unteren Buntsandsteins wider, welcher Glimmerschichten enthält, die nur auf kurzen Transportwegen erhalten bleiben können. Das Gebirge wurde nach und nach erodiert und die Folge waren Flusslandschaften und Dünenlandschaften. Das Meer vergrößerte sich, gewann jedoch nicht an Tiefe. Unter der Stillwasser-Sedimentation bildeten sich so Tone und Gipse. Die Kalkausfällung in den Meeresbecken verstärkte sich. Im Röt war die Wassertiefe auf Grund mangelnder Zuflüsse sehr gering. Arides Wüstenklima verhinderte die Bildung von Fossilien in den Schichten.

Im Muschelkalk fand eine vollständige Flutung statt, es entstand ein großes Flachmeer und die Auflast des Wassers führte zu einer Beckenvertiefung. Unter den zunächst salzigen Bedingungen entstand der Untere Muschelkalk (Wellenkalk). Die Wassertiefe nahm im Mittleren Muschelkalk wieder ab, bei teilweiser Salzbildung in aridem Klima. Im Oberen Muschelkalk kam es bei einer weiteren Wasservertiefung zu einem tiefen offenen Meer mit Wassertiefen von bis zu 1.000 m. In dieser Zeit überwog die chemische Sedimentation. Im Hinterland gab es keine verstärkte Sedimentation, so dass überwiegend Mergel entstanden. Die Fossilien aus dieser Phase sind heute in großer Zahl in den Sedimenten zu finden und dienen als Indexfossilien für die betreffende Schicht.

Im Keuper bildete sich wieder ein kontinentaler Charakter aus, das Meer zog sich ein weiteres Mal zurück und die Bundsandstein- und Perm-Horizonte unterlagen der Erosion. Durch ein progredierendes Deltasystem wurden hauptsächlich feinklastische, leicht verwitterbare Sedimente wie Tone, Mergel, Sandsteine und Dolomite gebildet.

Nach der Ablagerung des Keupers entstand der Netra-Graben, eine NW-SE streichende Grabenstruktur. In Folge von aufsteigendem Salz (Diapirismus) wurde das Gestein zu beiden Seiten der heutigen Netra emporgehoben.

3. Stratigraphie

In dem Kartiergebiet 6 finden sich alle Kartiereinheiten, beginnend vom Unteren Buntsandstein bis hin zum Keuper. Im Westen und südlichen Teil stehen die Gesteine vom Unteren Buntsandstein bis hin zum Unteren Muschelkalk in stratigraphisch korrekter Abfolge an, im östlichen Teil lagern sie steil zum Netragraben hin einfallend, so dass ihre Schichtabfolge an der südöstlichsten Ecke unsere Gebietes invers ist.

Beschreibung der einzelnen Einheiten:

1. Unterer Buntsandstein (su): Der untere Buntsandstein ist in dem Kartiergebiet 6 nicht aufgeschlossen, sondern ausschließlich verwittert als Boden anzutreffen. Dieser ist aus außerordentlich kleinen Korngrößen zusammengesetzt ohne Sandfraktion. Im Gegensatz zum ebenfalls tonigen Röt ist die Farbe des Bodens dunkel- bis schokoladenbraun. Die Gesteine des Unteren Buntsandsteins sind leicht erodierbar und bilden in unserem Kartiergebiet eine beinahe ebene Morphologie aus. Wie bei allen Gesteinen des Buntsandsteins wurde keine Reaktion mit Salzsäure beobachtet.

Volpriehausen- und Detfurth-Abfolge: Diese beiden ausschließlich im westlichen Teil unseres Kartiergebies vorkommenden Sandsteine ähneln sich in ihrem Aufbau. An der Basis liegen die gröbsten und härtesten Sandsteine. In der Vertikale werden die Korngrößen zunehmend feiner (Sohlbankzyklus) und die Gesteine weniger kompetent. In der Morphologie des Gebiets schlägt sich dies jedoch kaum merklich wieder. Beide Gesteine wurden nicht anstehend vorgefunden. Sie bilden den westlichen Hang des Pfifferbergs.

2. Volpriehausen-Abfolge (smV): An den Unteren Buntsandstein schließt sich die Volpriehausen-Abfolge an, die mit groben Sandsteinen an der Basis beginnt, in denen selten Milchquarze beobachtet werden konnten. In der Folge wird die Korngröße kleiner, es finden sich farbgestreifte Feinsande. Teilweise können die Sandsteine Glimmer enthalten, charakteristisch ist ihre rot-violette Farbe.

3. Detfurth-Abfolge (smD): Wie die Volpriehausen-Abfolge beginnt auch die Detfurth-Abfolge mit sehr grobkörnigen Sandsteinen. Unterscheiden lassen sich die beiden Einheiten anhand ihrer Farbe: Die Gesteine des Detfurth sind unverwittert rot-orange. Besonders häufig konnten sie verwittert in Gebiet 6 gefunden werden. Das für die rötliche Farbe verantwortliche aufoxidierte Eisen ist dann ausgewaschen, die Gesteine werden weiß-gelb und zeigen oftmals Eisen- und Manganflecken.

4. Solling-Folge (smS): Die Solling-Folge besteht aus dickbankigen, mittelkörnigen, weißen Sandsteinen, die auf Grund von Mangananreicherungen braune Flecken zeigen. Sie sind karbonatisch gebunden, sanden jedoch an der Oberfläche stark ab, da das Bindemittel gelöst wurde. Die Sandsteine des Sollings bilden eine eher steile Morphologie nach. Im überwiegenden Teil seiner Verbreitung in Gebiet 6 wurde er einer intensiven Bodenbildung unterworfen und findet sich nur vereinzelt als Lesestein an Straßenböschungen. Am südwestlichsten Rand des Kartiergebietes findet sich der Solling-Sandstein anstehend. An Stellen, die nicht von Moosen bewachsen sind, ist er stark verwittert und zeigt eine violett-rote Färbung, die Manganflecken im frischen Bruch sind hier gelblich. Das Gestein sandet stark ab, ein Hinweis auf die Ausschwemmung des karbonatischen Bindemittels. Die Bankung ist ausgeprägt und variiert um Dicken von etwa 10 cm. Die Gesteine lagern hier söhlig.

5. Oberer Buntsandstein (so): Die 90 bis 100 m mächtige Röt-Formation ist in dem Kartiergebiet vorwiegend verwittert als Boden anzufinden. Wie die Böden des Unteren Buntsandsteins sind sie tonig – eine Sandfraktion fehlt vollkommen – weisen im Gegensatz zu der tiefsten Abteilung des Buntsandsteins jedoch eine rötlich-violette Farbe auf.

Ein alter, in gutem Zustand befindlicher Röt-Steinbruch zeigt die Gesteine des Röt im Aufschluss: Hier haben sie, sofern der Sandstein nicht bemoost ist, eine braun-grün verwitterte Oberfläche, die grob absandet. Der früher enthaltene Gips ist zurückgewittert und hinterlässt kleine (ca. 5 mm) Löcher. Im frischen Bruch ist der Röt siltig und weiß. Die Manganflecken sind gelblich verwittert. In Hohlräumen ist vereinzelt kristalliner Gips eingewachsen. Insgesamt erscheint das Gestein massig, Bänke sind, falls vorhanden, sehr dick. Die Schichten liegen annähernd söhlig, das Einfallen beträgt 123/05°.

Die Regionen, an denen das Röt an der Oberfläche aussticht, zeigen eine flache Morphologie. Besonders markant ist die Grenzregion zu dem Muschelkalk: Hier findet sich eine nur wenige Meter mächtige, jedoch auf Grund der steileren Morphologie auffällige Grenzschicht aus rot-grauen Mergeln. Diese zeigten eine schwache Reaktion mit HCl. Oberhalb der Mergel liegt die Grenze zum Muschelkalk gleichauf mit der Waldgrenze – die Böden des Röt wurden zum Weizenanbau genutzt.

6. Unterer Muschelkalk (mu): Der besonders im östlichen und südlichen Teil des Kartiergebiets dominierende Untere Muschelkalk ist hier ca. 90 -100 m mächtig. An einem Aufschluss im Süden von Datterode ist das verwitterte Gestein braun-grau bis schwarz, wellig und hat eine raue Oberfläche. Der frische Bruch hingegen ist hellgrau, glatt und wellig. Diese gewellten Absonderungsflächen, teils knubbelig, teils wulstig, sind typisch für die Abfolgen des Unteren Muschelkalks, weswegen dieser auch als Wellenkalk bezeichnet wird. Das Gestein ist eher weich (Mohshärte 5) und verfügt über eine extrem kleine, auch unter der Lupe nicht erkennbare Körnung. Es reagiert kräftig schäumend mit Salzsäure und besteht zum Großteil aus Calcit und in geringem Maße aus Ton. Die Bänke liegen planparallel und weisen Dicken zwischen 5 mm und 30 cm auf. Im Kartiergebiet haben wir in seltenen Fällen in diesen Gesteinen kleine Bruchstücke von Fossilien gefunden, konnten sie jedoch nicht identifizieren. Der Untere Muschelkalk bildet auf Grund seiner Kompetenz Geländekanten.

Mittlerer und Oberer Muschelkalk sowie Keuper: Die Gesteine des Oberen Muschelkalks sowie auch des Keupers finden sich im Kartiergebiet ausschließlich in der Nähe des Netra-Grabens. Sie bedecken mit Ausnahme des Ceratitenkalks nur kleine Flächen.

7. Mittlerer Muschelkalk: Die im Kartiergebiet vereinzelt zu findenden Zellendolomite gehören zu der Abteilung des Mittleren Muschelkalks. Die Gesteine sind gelbe und poröse Evaporite ohne Fossilien. Entstanden sind sie aus Dolomiten, aus denen einzelne Calcitkugeln herausgewaschen wurden. Im Gegensatz zu den über und unter ihm liegenden Gesteinen, dem Wellen- und dem Trochitenkalk, sind die Zellendolomite des Mittleren Muschelkalks leichter erodierbar, was zu einer Verflachung des Geländes geführt hat.

8. Trochitenkalk: Namensgeber des etwa 12 m mächtigen Trochitenkalks sind fossile Seelilienstängel, die Trochiten. Im Ablagerungszeitraum waren die Seelilien hier so verbreitet, dass ihre Stängel heute gesteinsbildend auftreten. Die grauen Gesteine sind feinkörnig, massig, extrem hart und bilden steile Geländestufen. Verwitterte Lesesteine haben eine gelb-bräunliche Oberflächenfarbe.

9. Ceratitenkalk: Der Ceratitenkalk findet sich im Kartiergebiet vor allem verwittert als Boden. Diese Böden sind recht feinkörnig, weisen im Gegensatz zu den Böden des Unteren Buntsandsteins und des Röts jedoch eine Sandkornfraktion auf. Sie besitzen eine gelbbraune Farbe und zeigen eine schwache Karbonat-Reaktion bei Kontakt mit Salzsäure. Namensgebend sind die Ceratiten, die in den hellgrauen, dichten und plattigen Lesesteinen gefunden werden. Die Ceratitenschichten sind zwischen 35 und 40 m mächtig.

10. Keuper: Wie auch der Untere Buntsandstein ist der Keuper im Kartiergebiet ausschließlich als Boden zu finden. Direkt an die Netra angrenzend liegt der Keuper unter Feldern. Die Böden sind tonig, zeigen violette Farben und enthalten unterschiedliche Gesteine, die jedoch vermutlich zum überwiegenden Teil vom höher liegenden Hang des Rodenbergs stammen. Insgesamt ist der Keuper etwa 275 m mächtig.

4. Tektonik

- In der Karte sind die im Folgenden beschriebenen Störungen durchgehend nummeriert –

Tektonisch wird das Gebiet dominiert von einer zu dem in NW – SE - Richtung verlaufenden Netragraben parallelen Störung. Diese zieht sich von der Westseite Datterodes westlich am Pfifferberg und Kümmelsberg vorbei und teilt das Kartiergebiet in zwei Teile: Der westliche ist nahezu söhlig gelagert, zeigt höchstens ein leichtes Einfallen nach Süden. In ihm kommen die Gesteine des Unteren Buntsandsteins bis zum Unteren Muschelkalk in stratigraphisch richtiger Reihenfolge vor. Der östliche und nördliche Teil werden durch die Grabentektonik geprägt: Der Muschelkalk fällt hier steil (bis zu 50°) in Richtung des Grabens ein.

5. Zusammenfassung

Im Kartiergebiet wurden alle Kartiereinheiten, vom Unteren Buntsandstein bis hin zum Keuper vorgefunden. Die Sandsteine lagern söhlig und finden sich ausschließlich in dem westlichen Teil des Gebiets. Dieses ist vom östlichen, von der Grabentektonik beeinflussten Bereich, durch eine Störung abgeschnitten. Hier keilt auf Grund der besonders steilen Lagerung das jüngste Gestein, der Keuper, an der tiefsten Stelle des Gebiets – in direkter Nähe zum Netragraben – aus. Die Schichtlagerung ist invers, weil die Hangneigung kleiner ist als das Einfallen. Gute Aufschlüsse finden sich besonders im Unteren Muschelkalk, einer im Röt und mit Einschränkungen für den Solling-Sandstein an der Grenze zum „Spezialgebiet“. Da ansonsten nach Lesesteinen kartiert wurde, sind die Grenzen insbesondere im Hinblick auf den Mittleren und Oberen Muschelkalks sehr grob – schließlich war hier die Anzahl der gefundenen Lesesteine im Vergleich zu denen im Buntsandstein äußerst gering.

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