Rainer Olzem - arge-geologie.de

Der Kalksteinbruch Schmithof bei Aachen

Eine Zeitreise ins tropische Devon

Auszug aus der Facharbeit von Timm Reisinger

März 2007

 

1. Der Steinbruch

1.1 Lage und Geografie

Der Kalksteinbruch Schmithof liegt nördlich der Ortslage Schmithof (Abb. 1). Seine Mittelpunktskoordinaten sind R 25.11450 und H 56.18000. Die kleine Ortschaft Schmithof gehört seit der kommunalen Neugliederung von 1972 zur Stadt Aachen. Schmithof und viele weitere Ortschaften bilden seither den Stadtbezirk Kornelimünster/Walheim im Aachener Süden unmittelbar an der Grenze zu Belgien.

Südwestlich des Steinbruchs in etwa 150 m Entfernung liegt das vor 100 Jahren erbaute Wasserwerk Schmithof, das aus denselben Kalken, die im Steinbruch anstehen, Grundwasser entnimmt (Kap. 3).

Dem Flächennutzungsplan der Stadt Aachen ist zu entnehmen, dass der Schmithofer Steinbruch innerhalb eines Wasserschutzgebietes und eines Naturschutzgebietes liegt (Kap. 1.4). Das den Steinbruch umgebende Waldstück ist als forstwirtschaftliche Fläche und der Kalksteinbruch selbst als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen (1) (2).

1.2 Beschreibung des Steinbruchs

Der Schmithofer Steinbruch weist zwei Abgrabungsflächen auf, so genannte Sohlen (Abb. 3, 6). Die südwestliche kleinere Sohle liegt tiefer und ist nur über zwei kleine steile Trampelpfade von der höher gelegenen Sohle zu erreichen.

Abb. 1: Ausschnitt aus der Topografischen Karte 1:25.000 Blatt 5303 Roetgen

Rechts vom Eingang liegt, etwa 4 m höher als der schmale Zugang, ein älteres Gebäude, das seinen vermutlichen Zweck als Eingangsgebäude jedoch nach der Ausbeutung und Offenlassung des Kalksteinbruchs verloren hat (Abb. 4, 5).

Abb. 2: Der schmale Zugang zum Steinbruch
Abb. 3: Blick von Süden auf die Abgrabungssohlen: links die tiefere, rechts die höhere Sohle
Abb. 4: Das Eingangsgebäude
Abb. 5: Das Innere des Eingangsgebäudes

Das Steinbruchgelände beinhaltet Gesteinsbiotope, Wälder, Heide und Trockenrasen. Sehr artenreiche Pionierstadien des Trockenrasens finden sich auf beiden Flächen der Steinbruchsohlen (1). Die nördliche Steinbruchwand lässt Riffkalksteine des Oberdevon und den Übergang in sehr fossilreiche Knollenkale erkennen, in denen vor allem Brachiopoden zu finden sind. Der Großteil der Steinbruchwände ist nur über schmale Trampelpfade durch kleine Ansammlungen von Eichen und Hainbuchen und viele Sträucher zu erreichen.

1.3 Die heutige Nutzung

Für die Instandhaltung der Steinbruchs sorgt zum großen Teil der Arbeitskreis Naturschutz vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) (2). Dieser Arbeitskreis bemüht sich, den Müll aus dem Steinbruch zu entfernen, die Feuerstellen schonend abzugraben oder zu bedecken und unerwünschten Bewuchs zu entfernen.

Abb. 6: Vergrößerter Ausschnitt aus der Katasterkarte 1:2.500 mit Lagebezeichnungen

Gegenspieler zum BUND sind meist junge Leute, für die der Steinbruch einen Treffpunkt für Feten darstellt und Camper, die im Sommer ihre Zelte aufbauen und abends eine Dose Bier (oder zwei) am Lagerfeuer trinken. Weiterhin bietet das leer stehende Gebäude am Eingang des Steinbruchs einigen Leuten die Möglichkeit, abenteuerlich zu übernachten, alte Sofas und zurück gelassene Decken sind dafür Indizien (Abb. 5). Auch Hunde, die auf den beiden Ebenen herum toben können, kommen hier genau wie interessierte Fossiliensammler auf ihre Kosten.

Im Osten des Steinbruchs liegt ein zweiter kleiner Steinbruch (Abb. 6, 7, 31). In dessen Westwand befindet sich in einer kleinen Höhle ein so genannter Cache (3). Cache kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie geheimes Lager oder Depot. Das im Steinbruch betriebene Geocaching ist eine Art elektronischer Schatzsuche oder Schnitzeljagd. Die Verstecke (Caches) werden anhand geografischer Koordinaten im Internet veröffentlicht und mit Hilfe eines GPS-Empfängers gesucht.

Viele begeisterte Cachesucher machen sich auf die Suche nach dem Schmithof Quarry Cache. Der Cache soll jedoch nur von erfahrenen Kletterern erklettert werden, weil die ca. 15 m hohe Felswand sehr unstabil ist.

Abb. 7: Der Cache in der Plastiktüte ist gefunden
Abb. 8: Gesprengter Bunker unmittelbar westlich der Steinbruchs (Lage siehe Abb. 6)

Bei dem Cache handelt es sich um einen wasserdichten Behälter, in dem sich ein Logbuch und verschiedene Tauschgegenstände, z. B. ein Pfadfindermesser, Bleistifte, ein Karabinerhaken und vieles mehr befinden. Jeder Besucher eines Cache trägt sich in das Logbuch ein, um seinen Besuch zu dokumentieren. Anschließend wird der Cache wieder an der Stelle versteckt, an der er zuvor gefunden wurde.

Südöstlich des Steinbruchs findet man die Überreste eine Bunkers (Abb. 8). Der Bunker aus dem zweiten Weltkrieg war vom Typ Feuerstand RB 130 (a oder b) und wurde nach dem Krieg gesprengt. Übrig geblieben sind lediglich die bis zu 3 m starke Decke des Bunkers und einige mit Stahl durchzogene Betonwände (4). Auch innerhalb des Steinbruchs gibt es drei alte Bunker bzw. Unterstände (Abb. 9, 10).

Abb. 9: Bunker an der Nordwand
Abb. 10: Bunker an der Ostwand

1.4 Schutzgebiete

Das Naturschutzgebiet Schmithof ist eines der 12 sich im Stadtgebiet befindenden Naturschutzgebiete. Mit einer Größe von 4,7 ha gehört es zu den kleineren unter Schutz gestellten Gebieten. Es liegt nördlich der Ortslage Schmithof und erstreckt sich über den Bereich des ehemaligen Kalksteinbruchs nordöstlich der Straße Bergfeld im Stadtgebiet Kornelimünster/Walheim (Abb. 6, 12). Das Naturschutzgebiet beinhaltet das naturschutzwürdige Biotop LB 58 und das geologische Naturdenkmal GND 7 Steinbruch östlich Wasserwerk Schmithof (1).

Die Schutzausweisung erfolgt zur Erhaltung, Pflege und Ruhigstellung des Steinbruchs mit seinen seltenen und gefährdeten Pflanzen- und Tierarten (Orchideen, artenreiche Avifauna), zur Förderung des artenreichen Eichen- und Hainbuchenwaldes, wegen der Seltenheit und besonderen Eigenart der dortigen Landschaftsbestandteile und der Nordwest-Ecke des Steinbruchs sowie aus wissenschaftlichen und erdgeschichtlichen Gründen.

Die Bereiche der in zwei Ebenen befindlichen Abgrabungsflächen sind flächig mit Magerrasengesellschaften bedeckt. Vor allem die tiefer liegende Sohle zeichnet sich durch kalkholde Vegetation aus.

Gebote des Naturschutzes sind die Wiederaufforstung mit Gehölzarten des Eichen- Hainbuchenwaldes, das Freihalten der Steinbruchsohlen und der Wandbereiche der Nordwest-Ecke des Steinbruchs (Fossil-Lokalität) durch regelmäßiges Zurückschneiden von Strauch- und Baumbewuchs.

Der Bereich des Steinbruchs ist auch Wasserschutzgebiet Zone II (5), in der zahlreiche Tätigkeiten, u. a. auch das Betreiben eines Steinbruchs, untersagt sind (Abb. 11). Grund dafür ist das Fehlen der belebten Bodenzone auf den Steinbruchsohlen, die das Grundwasser vor eindringenden Schadstoffen schützt. Die Schutzausweisung erfolgte am 01.04.1989.

Abb. 11: Wasserschutzgebiet Schmithof. Der Steinbruch liegt in Zone II
Abb. 12: Hier beginnt das Naturschutzgebiet

2.0 Geologie

2.1 Zeiteinteilung und Klima des Devons

Die Geologen nennen den 59,5 Millionen Jahre dauernden Zeitabschnitt vor 417,5 bis 358 Millionen Jahren Devon (6). Das Devon ist ein Teil des Erdaltertums oder Paläozoikums. Während dieser Zeit war ein großer Teil Europas einschließlich des Bereichs der heutigen Eifel bis weit in den Aachener Raum von Meer bedeckt (Abb. 13) (7).

Der mit 7,5 Millionen Jahren geologisch kurze Zeitraum innerhalb des Devons zwischen 381 und 373,5 Millionen Jahren wird Frasnium oder Frasne genannt. Das Meer des Frasne war mit 100 bis 200 m Wassertiefe relativ flach. Das Klima war warm und die mittlere jährliche Wassertemperatur lag bei etwa 20 °C. Die Klimaverhältnisse waren mit denen der heutigen Südsee vergleichbar.

2.2 Die Tierwelt des Devonmeeres

Der hohe Kalkgehalt des warmen Meerwassers begünstigte das Wachstum von Lebewesen, die auf Kalk angewiesen waren: Muscheln, Krebse, Trilobiten, Brachiopoden, Schnecken und Tintenfische sowie Schwämme und Korallen. Das Devon war auch das Zeitalter der Fische, vor allem die Panzerfische entwickelten sich in großer Vielfalt. Erst gegen Ende des Devons traten Amphibien als erste Landlebewesen auf.

Im flacheren Bereichen des Meeres entstanden Lagunen und Korallenriffe. Die Riffe wurden damals neben Korallen und Schwämmen hauptsächlich durch die heute ausgestorbene Tierart der Stromatoporen gebildet.

Abb. 13: Die Verbreitung des Devonmeeres in Europa (KOCH, 1984)

2.3 Fossilien

Von vielen dieser Tiere, die im Devonmeer lebten, sind heute nur noch die harten Kalkteile erhalten, z. B. die Schalen von Muscheln oder Brachiopoden, die Gehäuse von Schnecken oder die Stützskelette von Korallen und Stromatoporen.

Abb. 14.1: Brachiopode mit Symmetrieebene
Abb. 14.2: Muschel (kinder-hd-uni.de)

Brachiopoden ähneln äußerlich Muscheln, sie haben aber im Gegensatz zu diesen eine vertikale statt einer horizontalen Symmetrieebene (8). Während die beiden Schalen einer Muschel, also die rechte und die linke Klappe, identisch sind, haben Brachiopoden verschiedenartige Unter- und Oberschalen, wobei die bauchseitige Schale meist größer ist (Abb. 14, 16). Sie sind jedoch, anders als bei Muscheln, rechts wie links spiegelbildlich. Ein weiterer Unterschied zu den Muscheln ist, dass Brachiopoden an beiden Seiten des Mundes armförmige Tentakel besaßen, was ihnen ihren Namen Brachiopoden = Armfüßler eingebracht hat.

Abb. 15: Versteinerte Stromatoporenkolonie
Abb. 16: Brachiopode an der Fossilfundstelle

Stromatoporen sind urtümliche, den Korallen ähnliche und in Haufenform wachsende Meerestiere, die sich auf felsigem Untergrund ansiedelten und zum Teil riesige Riffe bildeten (Abb. 15, 22, 25). Stromatoporen sind älter als Korallen, sie starben am Ende des Devons aus (9).

2.4 Die heutigen Gesteine

Als sich am Ende des Devons vor 359 Millionen Jahren das Land durch gewaltige tektonische Kräfte hob und das Devonmeer zurückging, faltete sich der ehemalige Meeresboden zu Gebirgszügen auf. Die dem Grund des Meeres aufsitzenden Stromatoporen- und Korallenriffe und die abgelagerten Kalkschlämme wurden duch den Druck der Gebirgsbildung und durch die dabei entstehenden Temperaturen zu festem Kalkstein. Im Aachener Raum erreichen die devonischen Kalke Mächtigkeiten von 600 bis 800 m. Im Laufe der Zeit wurden sie durch die Erosion, durch Wind und Wetter zur heutigen Höhe von etwa 290 m im Bereich des markanten Höhenrückens zwischen Walheim und Schmithof wieder abgetragen.

Die im Steinbruch aufgeschlossene Schichtenfolge umfasst als ältestes Glied die Frasne-Kalke mit den Grenzschiefern (dfrKa) und darüber die Knollen- und Mergelkalke (dfrK, Abb. 17) (10).

Abb. 17: Ausschnitte aus der Geologischen Karte 1:25.000 Blatt Roetgen, oben links: Grundrisskarte, oben rechts: Profilkarte, unten: Legende

2.5 Geologische Beobachtungen im Steinbruch (11) (12)

Im Eingangsbereich zum Steinbruch erkennt man linker Hand an der Böschung die steil stehenden Schiefer (Abb. 18) und unmittelbar dahinter die ebenfalls steil stehenden dezimeter-dicken Kalkbänke (Abb. 19), die beide zur Abfolge der Frasne-Knollenkalke und -Schiefer (dfrK) gehören.

Hier sind die Schichten leicht überkippt, d. h. die Schichten haben sich um mehr als 90° steil aufgestellt. Vom Inneren des Steinbruchs aus gesehen, also mit Blick nach Nordwesten, schaut man deshalb auf die Schichtunterseiten.

Die Streichrichtung der Schichten ist etwa 45° Südwest-Nordost, ihr Einfallswinkel beträgt etwa 5° nach Südost (Abb. 17).

Abb. 18: Steil stehende Schiefer im Eingangsbereich (Knollenkalke und Schiefer)
Abb. 19: Steil stehende dünne Kalkbänke unmittelbar über den Schiefern (dfrK)

Geht man im Uhrzeigersinn im Steinbruch weiter, so erkennt man an der steilen Nordwand eine knapp 1 m breite Schicht, in der die Kalke gefaltet sind (Abb. 20). Seltsamerweise gibt es die Faltung nur in dieser einen Kalkbank, sie wird bankinterne Faltung genannt. Diese Bank soll im Aachener Raum über weite Entfernungen zu verfolgen sein, weshalb sie einen so genannten Leithorizont bildet.

Direkt neben der gefalteten Schicht sieht man an der Wand einige größere Kolonien der Koralle Frechastrea pentagonia, die wegen ihres typischen Aussehens auch Kuhfladenkoralle genannt wird (Abb. 21).

Abb. 20: Gefaltete dünnbankige Kalke
Abb. 21: "Kuhfladenkorallen" links von der Bildmitte
Abb. 22: Einzelne knollige Stromatoporen
Abb. 23: Mehrere Generationen von Harnischen

In der Nordostecke der oberen Sohle sind an den Wänden gut ausgebildete Harnische zu erkennen, die oft in mehreren Generationen übereinander angeordnet sind (Abb. 23). Harnische sind Gleitflächen, die durch den hohen Druck und die hohe Temperatur bei der Bewegung der Gesteinsschichten gegeneinander ausgebildet wurden. Dadurch wurde das Mineral Calcit, aus dem Kalkstein besteht, aufgeschmolzen und in dünnen Schichten neu auskristallisiert.

Abb. 24: Kleine Korallenkolonie
Abb. 25: Kolonie von astförmigen Stromatoporen mit herausgewitterter Kluftfüllung
Abb. 26: Zyklusabfolge an der Ostwand
Abb. 27: Die schwer zugängliche steile Ostwand

Ebenfalls in der Nordostecke der oberen Sohle findet man viele unterschiedliche Korallen und Stromatoporen. Neben kleinen knolligen Stromatoporen (Abb. 22) und kleinen Korallenkolonien (Abb. 24), die aus der Wand herausgewittert sind, erkennt man auch eine größere Kolonie von astförmigen Stromatoporen (Abb. 25). Mitten durch diese Kolonie zieht sich eine Kluft, die wegen der höheren Härte ihrer Calcitfüllung der Verwitterung besser widerstanden hat als die Kolonie selbst.

Abb. 28: Der Fossilfundpunkt an der NW-Wand in der Übersicht
Abb. 29: Der Fossilfundpunkt im Detail mit Brachiopodenschalen

Die Abfolge der Riffkalke gliedert sich in mehrere etwa gleichartige Zyklen, die im Steinbruch z. T. gut zu erkennen sind. Jeder Zyklus beginnt mit astförmigen Stromatoporen, denen knollige Stromatoporen und darüber gebänderte feine Kalksteine folgen. In der Abb. 26 ist diese Abfolge an der Ostwand kurz vor der steilen Böschung zur unteren Sohle zu erkennen: Ganz rechts oben hinter dem Baustamm sieht man astförmige Stromatoporen als unterste Schicht, nach links folgen darüber knollige Stromatoporen und schließlich feine Kalksteine. Darüber beginnt ein weiterer Zyklus mit astförmigen Stromatoporen und darüber wieder knolligen Stromatoporen. Als letzte Schicht ganz links erscheinen wieder die feinen Kalke. Hier sind die Schichten nicht überkippt, sie fallen mit etwa 85° steil nach Nordwesten ein.

Die Südost- und Ostwände des Steinbruchs sind sehr hoch und steil und außerdem im unteren Teil stark mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, so dass sie nur schwer zugänglich sind. Am Fuß der Wände liegen außerdem herunter gefallene größere Gesteinblöcke und Gesteinsschutt (Abb. 27).

An der Nordwestwand der unteren Sohle befindet sich die bei Geologen und Sammlern bekannte Fossilfundstelle (Abb. 28, 29). Hier werden vor allem viele Brachiopoden gefunden. Man kann die Fossilien selbst aus dem harten Kalkstein herausschlagen oder man sucht am Fuß der Böschung im verwitterten Gesteinsschutt nach herausgewitterten Stücken. In der Abb. 28 ist die schwierig zu erkletternde Wand im Überblick und in der Abb. 29 ein Ausschnitt mit einer herauspräparierten Brachiopodenschale dargestellt. Die Abb. 30 zeigt den Erfolg von einigen Stunden Arbeit mit Hammer und Meißel.

Abb. 30: Herauspräparierte Brachiopoden
Abb. 31: Knollenkalke an den Schichtoberseiten im östlichen kleinen Steinbruch

Im östlich gelegenen kleinen Steinbruch sind die Knollenkalke, die oft die gesamten Schichtoberseiten der Kalkbänke bedecken, besonders gut aufgeschlossen (Abb. 31).

3. Das Wasserwerk Schmithof

Anfang des 20. Jahrhunderts traten in Aachen wiederholt Engpässe bei der Trinkwasserversorgung auf (13). Da im Aachener Raum nur die Kalksteinzüge aufgrund ihrer Klüftigkeit ergiebige Grundwasserleiter sind, wurde in den Jahren 1905 bis 1908 das Wasserwerk Schmithof im devonischen Kalk errichtet (Abb. 32, 33). Die Kalke wurden durch einen 83 m tiefen Schacht und durch 650 m horizontale Querschläge aufgefahren. Die Fördermenge an Grundwasser war jedoch gering: lediglich 3.000 bis maximal 8.000 m³ Wasser konnten täglich gefördert werden.

Abb. 32: Der Eingangsbereich des Wasserwerks
Abb. 33: Das Wasserwerk Schmithof

Bei umfangreichen hydrogeologischen Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Ergiebigkeit der Kalke in unmittelbarer Abhängigkeit vom kurz vorher gefallenen Niederschlag steht. Die Kalke haben also nur eine geringe Speicherkapazität für Grundwasser.

1989 wurde für das Wasserwerk eine Wasserschutzzone ausgewiesen, die den Bereich des Steinbruchs einschließt (Abb. 11). Der Steinbruch liegt in der Schutzzone II.

4. Historie des Steinbruchs

Über die Historie des Schmithofer Steinbruchs war nicht viel in Erfahrung zu bringen. Bei der Befragung einiger Zeitzeugen (18) (19), Anwohner (18) und Fachleute (19) (20) stellte sich heraus, dass weder die Besitzverhältnisse noch der damalige Abbaubetrieb bekannt waren. Anscheinend wurde der Steinbruch bereits vor langer Zeit aufgegeben.

4.1 Früher Kalkabbau

Schon in vorgeschichtlicher Zeit hat der Mensch aus Kalksteinen Kalk gebrannt (14) (15) (16). Im Aachener Raum wurde bereits vor 2000 Jahren Kalk von den Kelten gebrannt, die ihn zum Düngen ihrer Felder einsetzten.

Von einer wirklichen Blütezeit der Kalkbrennerei kann man jedoch erst bei den Römern sprechen, denn sie hatten einen Weg gefunden, den Kalk in einfachen Schachtöfen zu brennen und mit verschiedenen Zusätzen Mörtel und eine Art Beton herzustellen. Diese Technik wurde darauf von den Germanen übernommen und hat sich im Laufe der Zeit erst während der Industrialisierung verändert.

4.2 Das Brennen von Kalk

Nordwestlich unmittelbar in der Nähe des Steinbruchs befindet sich ein Kalkofen mit einer Auffahrtsrampe, der etwa 15 m über das ihn umgebene Gelände ragt (Abb. 34). Das Besteigen des Ofens wird durch viele Bäume und Sträucher um und auf dem Kalkofen erschwert, gelangt man dann aber an dessen höchste Stelle, sieht man den ca. 6 - 7 m tiefen halbverfüllten zylinderförmigen Brennraum, der ca. 4 m im Durchmesser aufweist (Abb. 35). Üblicherweise liefen die Brennräume konisch nach unten zu (16).

Abb. 34: Der Kalkofen (rechts) mit Mundloch und Auffahrtsrampe (links)
Abb. 35: Blick von oben in den Brennraum des Kalkofens

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde im Kalkofen durch einen physikalisch-chemischen Vorgang, das Kalkbrennen, so genannter Branntkalk erzeugt.

Der gebrannte Kalk hat viele Verwendungsmöglichkeiten, er dient dem Bauwesen als Kalkmörtel, der Landwirtschaft - der älteste Bereich, in dem Kalk verwendet wird - als Düngemittel, der Eisen- und Stahlindustrie als Zuschlagstoff, der Energiewirtschaft als Reiniger der Rauchgase und in der Zuckerindustrie spielt der Kalk eine wichtige Rolle bei der Reinigung der Zuckerextrakte.

Trotz dieser großen Anzahl von Verwendungsmöglichkeiten findet stets derselbe Ablauf statt. Das feste Calciumcarbonat (CaCO3) gibt bei einer Temperatur zwischen 900 und 1.250 °C Kohlenstoffdioxid (CO2) ab und geht in stückiges Calciumoxid (CaO = Branntkalk) über. Unter Zugabe von Wasser reagiert Calciumoxid zu Calciumhydroxid [Ca(OH)2 = gelöschter Kalk]. Die chemischen Reaktionsformeln sehen folgendermaßen aus (17):

Kalkbrennen: CaCO3 + Wärmeenergie = CaO + CO2
Kalklöschen: CaO + H2O = Ca(OH)2 + Wärme
Karbonat-Härtung: Ca(OH)2 + CO2 = CaCO3 + H2O

Eine vollständige Brennperiode umfasst das Beschicken des Ofens, das Brennen, das Abkühlen und das Austragen der Füllung. Seit der Industriellen Revolution wurden die Öfen nicht mehr mit Holz, sondern mit Kohle beschickt.

Abb. 36: Das Mundloch des Kalkofens
Abb. 37: Reste der Verladerampe am ehemaligen Straßenbahndamm

4.3 Die Aachener Kalkindustrie

Aus dem Kalkgewerbe wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im Aachener Raum eine Kalkindustrie, zu deren Aufschwung der Ausbau des Vennbahnnetzes beigetragen hat (15). 1898 gründeten zwei auswärtige Kalkfabrikanten die Walheimer Kalkwerke GmbH. Im Jahre 1899 wurde die bestehende GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und hieß Neue Walheimer Kalkwerke AG. Diese wiederum wurde 1921 Zweigstelle der Westdeutschen Kalkwerke AG, die sich 1936 in Westdeutsche Kalk- und Portlandzement umbenannte. In der Wiederaufbauphase nach dem zweiten Weltkrieg erlebten viele Betriebsstellen ihre Blütezeit.

Über den Schmithofer Kalkbrennofen ist nicht viel bekannt, weil die größeren Öfen bei Hahn stets die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Bekannt ist jedoch, dass die damalige Straßenbahn, die Aachen mit Sief verband, einen Abzweig zum Schmithofer Brennofen hatte. Die alte Verladerampe und der ehemalige Straßenbahndamm sind noch gut zu erkennen (Abb. 6, 37).

5. Quellen

(1)Erläuterungsbericht zum Naturschutzgebiet Schmithof - Textliche Festsetzung (www.aachen.de)
(2) Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): Steinbruch Schmithof und seine Biotopstruktur
(3)
www.geocaching.de (schmithof quarry)
(4) www.bunkerindex.eu
(5) Ordnungsbehördliche Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes für die Gewässer im Einzugsbereich der Wassergewinnungsanlage Aachen-Schmithof der Stadtwerke Aachen AG vom 21.04.1998 (www.stua-ac.nrw.de)
(6) www.wikipedia.de (Devon, Brachiopoden, Stromatoporen)
(7) www.svloga.de (auch: Abb. 13)
(8) www.kinder-hd-uni.de (auch: Abb. 14)
(9) www.geologie.uni-frankfurt.de (auch: Abb. 15)
(10) DIELER,H. (1963): Die Baugrundverhältnisse des Aachener Stadtgebietes; Geol. Mitt. Lehrstuhl f. Ing.- und Hydrogeol. der RWTH Aachen, Bd. 1, H. 2-4
(11) Beschreibung der geologischen Verhältnisse des Steinbruchs Schmithof: Kopie überreicht von Frau Dr. Frey-Wehrmann (Umweltamt der Stadt Aachen)
(12) Eigene Begehungen, geologische Aufnahmen, Sammeln von Fossilien, Fotografien (alle im Text verwendeten Fotografien, mit Ausnahme der Abb. 15, sind selbst aufgenommen)
(13) EISBEIN,E.,KUCK,F. (1963): Die Wasserversorgung der Stadt Aachen; Geol. Mitt. Lehrstuhl f. Ing.- und Hydrogeol. der RWTH Aachen, Bd. 1, H. 2-4
(14) www.wikipedia.de (Kalkstein)
(15) Entwickling der Kalksteinindustrie in Walheim - Fraunhofer IRB - (www.baufachinformation.de)
(16) Exkursion Nordeifel - Lehrstuhl für Allgemeine, Angewandte und Ingenieur - Geologie, TU München, Exkursionsbericht 2001
(17) Angewandte Geologie und Lagerstätten der Eifel - Diss. Dipl.- Geol. Sabine Rath, RWTH Aachen, 2003
(18) Familie Jung, Walheimer Straße 79, 52076 Aachen
(19) Geschichtsverein Hahn und Friesenrath e. V., Herr Otto Remer, Friesenrather Weg 50, 52076 Aachen
(20) Dipl.- Geol. C. Laschet (Büro Geografic), Walheimer Straße 81, 52076 Aachen

Kartenmaterial

Topografische Karte von NRW 1:25.000 (TK 25) Blatt 5203 Aachen
Deutsche Grundkarte 1:5.000 (DGK 5)
Deutsche Grundkarte 1:2.500 (DGK 2,5)
Baugrundkarte des Aachener Stadtgebietes 1:5.000
Hydrologische Karte von NRW 1:25.000 (HyK 25) Blatt 5203 Aachen, Grundriss- und Profilkarte
Geologische Karte von NRW 1:25.000 (GK 25) Blatt 5203 Aachen

Nach oben